Drei Säulen auf der Bühne, die auch Bäume sein können, projizierte Büsche, Blätter, Blüten und schon marschiert eine ganze Schar Knaben und Frauen zwitschernd um den Orchestergraben. So beginnt „Yolimba oder die Grenzen der Magie“, eine Oper von Wilhelm Killmayer und Tankred Dorst. Es handelt sich eher um eine Art Anti-Oper, die sich über Liebe, Schmerz, Drama, ja, den ganzen Opernbetrieb lustig macht. Gestern Abend war im Großen Haus Premiere der Inszenierung von Intendant Ulrich Peters. Die musikalische Leitung oblag Thorsten Schmid-Kapfenburg.
Als der Regen beginnt, verlässt der Knaben- und Sopranistinnen-Chor fluchtartig die Bühne. Schon ändert sich die Videoprojektion, die Säulen werden nach oben gezogen und drei Herren im schwarzen Anzug erscheinen, drei Sänger, die seinen Auftritt vorbereiten: der Magier Möhringer erscheint, im braun-schwarz gestreiften Mantel mit hellblau gestylter, widderförmiger Haarpracht. Ein Loblied auf die Magie. Gregor Dalal ist gemacht für diese Rolle mit seiner donnernden Stimme. Gleich demonstriert er seine Fähigkeiten, in dem er Liebesbriefe oder kompromittierende Fotos aus den Rocktaschen der Besucher zaubert. Herrn Gerichtsrat in der ersten Reihe zieht er einen Damenstrumpf aus dem Revers. Oh, die Liebe. ist sie doch nur eine Farce. Und dann macht Möhringer sich an die Arbeit. Die Rezeptur für Yolimba ist gar nicht so schwer: die Wunschträume eines sechzehnjährigen Mädchens im Spiegel kristallisiert und mit Katzenschnurren in Vibration versetzt. Das Ganze mit unvorbereiteten Klavierstunden zum sieden gebracht. Sodann rutscht Yolimba auf die Bühne, großartig Marielle Murphy mit grellroten Haaren und leicht überdreht. Sie hat den Auftrag, immer dann zu schießen, wenn die Rede von LIEBE ist, was dann auch für reichlich Witwen sorgt. 5 große, beleuchtete Buchstaben werde auf die Bühne geschoben, so wird aus LIEBE schon mal BEILE. Yolimba macht vor keinem Halt, auch nicht vor Wallerstein, dem bekannten Archäologen, der mit seinen artigen Kinderchen am Frühstückstisch sitzt bis die Post kommt. Pascal Herrington, Stefan Sevenich und Filippo Bettoschi sind nicht nur drei Postbeamte, die das Hohelied auf die Post singen, ebenso sind sie drei Polizeibeamte, die angeblich jeden fangen und den Bürger schützen. Das machen sie klasse, so von sich selbst überzeugt. Doch da haben sie die Rechnung ohne Yolimba gemacht, die ihre Schusswaffe reichlich nutzt. Sogar in die Oper selbst verlegt sie ihr mörderisches Tun. Während die Zuschauer nur ihre Koloraturen loben, streckt sie den Tenor nieder. Erst als der Plakatkleber Herbert (Stephan Boving) mit dem Fahrrad auf die Bühne radelt, wird’s schwierig für Yolimba, weil Herbert nämlich das Wörtchen mit L nicht ausspricht, obwohl er oft Gelegenheit dazu hat. Schließlich steht es auf all seinen Plakaten.
Eine witzige, bunte und schnelle Inszenierung mit toller Videokunst. Sven Stratmann ist ja beim Theater Münster kein Unbekannter. Der Videofachmann schafft es aber immer wieder, das Publikum zu überraschen. Eine herrlich erfrischende Marielle Murphy, ein gewohnt männlich-dominanter Gregor Dalal und wunderbar selbstironische Polizisten. Da hälts sogar das münsteraner Auditorium nicht in den Sesseln.