Karlos im Zwinger

Dicke Kerkermauern, etwas Muffigkeit, ein Thronsessel, rote Seide – was braucht es mehr, um Schillers Don Karlos aufzuführen? In jedem Fall gute Schauspieler wie Zeha Schröder als Marquis Posa und Stefan Nàszay als Karlos, die unter der Regie von Anke Winterhoff restlos überzeugen.

Oben im Zwinger an der Promenade ist eine urige Theateratmosphäre entstanden. Dabei können die Zuschauer ein klein wenig Beklemmung bekommen, wenn sie über die dunklen und schmalen Pfade nach oben gelangen und sich auf ein paar Holzbänken niederlassen. Das ist ja auch durchaus beabsichtigt. König Philipp hat seinen eigenen Sohn schließlich gefangengesetzt. So befindet sich das Auditorium in der richtigen Gemütsverfassung und kann sich voll und ganz der Sprache hingeben, die die beiden Schauspieler so wunderbar rezitieren. Es ist wie Musik aus dem Mittelalter und es klingt eben überhaupt nicht auswendig gelernt und abgespult. Schröder selbst war es, der Schillers Monumentalwerk auf eine gute Stunde verkürzt und auf den Aspekt der Freundschaft zwischen Posa und Karlos verengt hat. Da nun so viele Personen also gar nicht auftreten, sind es die beiden Freuynde und Gaesdte selbst, die sich gegenseitig und damit auch das Publikum in dunkle Geheimnisse einweihen. Dass Karlos in Elisabeth verliebt ist etwa, die Frau seines Vaters, dass er einen glühenden Liebesbrief erhält, den er eben jener Elisabeth zuschreibt, die ihn jedoch gar nicht verfasst hat. Und dass sich Karlos dann ungewollt zu einem Stelldichein mit Prinzessin von Eboli einfindet. Oh, welch Enttäuschung. Fast scheint es, als spielten die beiden am emotionalen Limit, Wut, Liebe, Enttäuschung, Freundschaft, Hoffnung, Glaube und wieder Enttäuschung und wieder Liebe. Warum ging Posa zu Philipp? Was wollte der König? Wer hat welche Intrigen gesponnen? Und das alles in dieser herrlichen Sprache, die natürlich klingt und sich in Kaskaden ergießt. Dazu kommt eine Bühne, die wie eine Schlucht ist und den Schauspielern ermöglicht, ganz nah zwischen den Bänken an den Zuschauern vorbei zu laufen, dabei zu sprechen und gestikulieren. Donnerstag und Freitag gibt es noch die Möglichkeit, sich das Stück im Zwinger anzusehen.

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