Dass die Klarinette ihren Namen wahrscheinlich von dem italienischen Namen „clarinetto“ erhielt, was soviel wie kleines Trompetchen bedeutet, erzählt Christian Leitherer gestern Abend beim vierten Erbdrostenhofkonzert der Spielzeit. Er selbst spielt neben der historischen Klarinette auch das Chalumeau, also ein Holzblasinstrument mit einfachem Rohrblatt, aus dem die Klarinette dann entwickelt wurde. An der Kniegeige (viola da Gamba) Barbara Leitherer, am Cembalo und am Flügel Barbara Maria Willi.
Es gibt Menschen, die die Atmosphäre im Kuppelsaal des Erbdrostenhofes mehr schätzen als wenn das ganze Orchester im Theater spielt. Natürlich liegt das auch an den Goldverzierungen und der Deckenmalerei, aber eben genauso an der Auswahl der Musik, die auf historischen Instrumenten gespielt wird. Händel, Telemann, Corette. 17. , 18. Jahrhundert – da wird nichts neues reingemischt. Wenn Christian Leitherer von der Musikvorliebe von Ludwig I. oder August dem Starken erzählt, greift der Musiker zum kurzen Chalumeau, das ein bisschen aussieht wie eine verschrumpelte Flöte. Man wundert sich ein wenig, dass sich die Finger beim musizieren nicht ständig selbst im Weg sind. Doch Leitherer spielt das perfekt und wird noch dazu so schön begleitet mit Cembalo und Viola da Gamba. Die etwa 150 Menschen im Saal sind ganz ergriffen. Das Blasinstrument ist allerdings sehr dominant, was auch am Cembalo liegt, das ja – anders als der Flügel – über die Saiten mit einer Art Plektron gezupft wird und dadurch etwas zurückhaltender wirkt. Als Willi nach der Pause den Hammerflügel spielt, ist es ausgeglichener. Nun ist auch die „richtige Klarinette“ zu hören, und das Spiel ist insgesamt reifer, voller, satter. Christian Leitherer hat sich die Brille aufgesetzt und bevor jetzt einen Blick in die Partitur wirft, erklärt er kurz, dass sich auch die Stimmhöhe geändert habe, die jetzt bei 430 Herz liege. Die Musik scheint moderner und ausgewogener bis die Klarinette richtig ausgebremst wird. Denn Barbara Maria Willi spielt ein Solo: „la mort de Marie Antoinette“ – Christian Leitherer darf trotzdem keine Pause machen. Die Komposition von Jan Ladislav Dusik sieht vor, dass zwischendurch immer wieder erklärt werden soll, was gerade mit Marie Antoinette passiert, also etwa „die Gefangennahme“, „die Erinnerung an die Macht“ oder „man trennt sie von ihren Kindern“. Natürlich ist alles entsprechend dramatisch unterlegt. Bei „man trennt sie von ihren Kindern“ klingt die Musik wie 1000 Schritte oder auch 1000 Gedanken. Schon wartet man ganz heimlich auf die Klarinette. Doch das Drama muss der Flügel alleine ausbaden. Zum Schluss spielen dann noch mal alle Carl Philipp Emanuel Bach, ein Sohn des großen Sebastian. Und dann zeigen die Musiker, was noch so in ihren Instrumenten steckt, nehmen sie sich doch mal eben das Dschungelbusch und „probieren es mit Gemütlichkeit“. Zwei oder drei Stücke noch – das größtenteils weißhaarige Auditorium hätte getanzt. Ein schöner Abend.