von Hameln nach Cuxhaven – 400 Kilometer mit dem Rad an der Weser

Wo Werra und Fulda sich küssen, nämlich im niedersächsischen Hannoversch Münden, sollte unsere Weser-Tour eigentlich beginnen. Doch die Hinfahrt mit dem Zug begann so beschwerlich, dass wir kurzfristig den Start nach Hameln verlegen mussten. Wenn ich von „uns“ und „wir“ schreibe, meine ich im weiteren übrigens nicht meinen Kulturhund Moritz, der mich in den letzten Jahren stets begleitet hat, aber im Juni verstorben ist. Diesmal war Andrea dabei, die – das darf man vorausschicken – über einige Rad-Erfahrung verfügt und einen ordentlichen Tritt hat.

Feiner Nieselregen wechselt sich ab mit kleinen Schauern, als wir aus dem Bahnhofsgebäude in Hameln an die Weser losradeln. Hier spielt eines der bekanntesten Märchen der Gebrüder Grimm, der Rattenfänger von Hameln, der der Sage nach die Stadt nicht nur von der Rattenplage befreit hat, sondern auch die Kinder der Stadt mithilfe seines wundersamen Flötenspiels in die Berge führte, von wo  aus sie nie zurückkamen. Von der ersten Weser-Brücke grinst uns gleich eine goldene Ratte an. Mir fällt ein, dass ich ein paar Jahr zuvor den poetry slam „ErLesenes“ an Münsters Hafen moderierte. Da gab es immer einen zusätzlichen Preis für die „weiteste Anreise“ – eine goldene Ratte. Die war ursprünglich schwarz und ich habe sie goldfarben lackiert mit der Folge, dass sie furchtbar klebte. Ein Exemplar pappt noch in meinem Regal. Wir radeln indes an den Weserinseln vorbei immer auf der Weserpromenade. Irgendwann gehört der Regen zur Tour wie das Fahrrad selbst oder die Bewegung. Als wir abends in Veltheim ein Hinweisschild sehen „Radlerpension Müller“, überlegen wir aber nicht lange, sondern quartieren uns dort ein. Ein Glücksfall. Inge und Heinrich Müller sind beide über 80 Jahre alt und haben in den letzten Jahren viele tausend Radler empfangen. Wände voller Fotos zeugen davon. Die Müllers sind so herzlich und können natürlich auch diverse Geschichten erzählen. Es ist einfach eine Freude, die beiden zu erleben und es nimmt einem ein bisschen die Sorge vor dem altern. Am nächsten Morgen weckt uns dann herrlicher Sonnenschein und den Rest der Tour zelten wir auch.. Fortan gibt es nur noch überaus freundliche, nette Begegnungen, mit der Rollstuhlfahrerin auf der Weserbrücke in Porta Westfalica, mit Menschen, die sofort ihre Hilfe anbieten, sobald wir anhalten und auf die Karte schauen, mit Radlern, die uns überholen und über unser Gepäck staunen, die ein oder andere launige Bemerkung – oft verbunden mit Sätzen wie „das würde ich auch gerne machen“. Langsam wird es flacher, wir kommen  in die norddeutsche Tiefebene. Maisfelder, Strohballen, Windräder – es gibt schönere Strecken. Immerhin kein Regen, mag man denken und das  tröstet auch. Mehrfach überqueren wir mit der Fähre der Weser, auch als wir gar nicht müssen. Nienburg, Verden, Achim, Bremen. Häufig kann man die Weser nur erahnen. Das ist natürlich schade, doch bei vielen anderen Flusstouren auch so. Bremen selbst ist sehr schön, – die Architektur, die Weser,  das Grün – und auch hier begegnen uns zahlreiche freundliche Menschen. Vor einem Supermarkt werde ich von einer Frau angesprochen, ob ich aus Castrop-Rauxel komme. Fast. Ganz anders ist Bremerhaven. Von Nordenham-Blexen setzen  wir dorthin über. Irgendwann verlieren wir den Weser-Radweg und kämpfen uns durch Viertel mit Spielhallen, Baustellen und unzufrieden dreinblickenden Menschen. Selbst wir werden etwas mürrisch, vielleicht liegt ein Fluch auf der Gegend, dem man sich nicht entziehen kann. Andreas Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass wir auf den rechten Pfad  zurückfinden. Allerdings führen die letzten 15 oder 20 Kilometer vor Cuxhaven direkt am Deich entlang. Die Straße müssen sich Radler mit dem motorisierten Individualverkehr teilen. Letzterer ist nicht zimperlich, wenn es ums überholen geht. Wir haben die Folgen eines schweren Unfalles sehen müssen. Insgesamt aber eine schöne, entspannte Tour, der leider der Oberweserteil bis Hameln fehlt.

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