Akkurat hat Marie-Laura Fiaux das rechte Bühnendrittel mit diversen Gegenständen vollgestellt, ein Rattan-Wäschekorb, ein Schleier, ein Frauenbein aus Plastik, Kerzenhalter, Hocker, Wippe und diverse Fotos und Postkarten. Auf der rechten Bühnenseite hat Emmanuel Edoror seinerseits einige Sachen vor einem alten Schrank ausgebreitet, eine Quietsche-Ente, ein CD-Player, Kleinigkeiten, Nippes. Gestern Abend im Pumpenhaus war Premiere von „Menschendinge“ der Formation Silvia Jedrusiak.
Der dritte im Bunde ist Matthias Maat, der mit nur ein ganz paar Habseligkeiten die Bühne betritt, einem Weihnachtsbaum aus Kunststoff, einer Kuchenplatte mit Rosenmotiv, einem alten Koffer, einem Besteck und einer Kassette. Maat begrüßt dann auch das Publikum auf Niederländisch „Goeden daag dames en heren“ und erklärt gleich fließend, worum es geht bis Marie-Laura Fiaux ihn unterbricht. Kurz geht es in Deutsch weiter, doch dann verfällt Fiaux in Französisch. Es ist Emmanuel Edoror überlassen, allgemeinverständlich auf Englisch zu erklären, dass er nun „grown up“ sei und sich von diversen Dingen trennen wolle, was grundsätzlich auch das Zusammentreffen der drei Protagonisten erklärt: alle wollen sich von etwas trennen. Edoror hat sogar eine richtige Zeremonie entwickelt, emotionale Musik, ein Küsschen auf den Gegenstand und eine martialische Verabschiedung. Das geht Maat dann doch zu weit, zu theatralisch, zu übertrieben. Angewidert küsst er eine kleine Plastikfigur, die auf Knopfdruck die Gliedmaßen einknickt. Doch für eine Rückkehr scheint es zu spät. Immer dynamischer entwickelt sich der Prozess des Abschieds. vor allem Fiaux ist es, die schnell und schneller Sachen in Kartons wirft. Verbindet sie noch so viele Erinnerung damit, ein Blick ins Fotoalbum oder auf die Postkarten, und schon verschwinden sie. Draußen gibt es sogar einen Knall und Flammen. Edoror lässt sich anstecken, spätestens nachdem reihenweise Teller an die Wand geworfen werden und zerspringen. Einzig Maat klammert sich an seinen Weihnachtsbaum, seinen Koffer, Teller, sein Besteck und seine Kassette.
Ein Stück, das von den Schauspielern lebt und der Mehrsprachigkeit, von Dynamik und der Liebe zu Erinnerungsstücken. Insgesamt war ich aber nicht so begeistert, wie es die teilweisen „Standing ovations“ des Publikums nahegelegt hätten. Dass Gegenstände womöglich eine persönliche Geschichte haben und für dessen Besitzer weitaus mehr bedeuten können als für andere Menschen, liegt auf der Hand. Ist das jenseits aller Tragikomik eine Kontroverse wert? Man müsste aus Dingen schon Menschen machen, um eine andere Dimension in das Stück zu bringen, also quasi „Menschenmenschen“.