von Streichern, ein bisschen Posaune und noch weniger Triangel

Ob die Legende nun stimmt oder nicht, dass Johannes Brahms` Doppelkonzert nur entstanden ist, um eine jahrelang zerstrittene Freundschaft mit Joseph Joachim musikalisch zu kitten, müssen wir nicht beantworten. Wir sind in der angenehmen Situation, der Musik einfach beiwohnen zu können – dargeboten von Antje Weithaas an der Violine, Julian Steckel am Violincello und einem wie immer großartig aufgelegten Sinfonieorchester. Die musikalische Gesamtleitung oblag gestern Abend dem ersten Kapellmeister Henning Ehlert beim vierten Sinfoniekonzert der laufenden Spielzeit in Münsters Großem Haus.

Zu Beginn fegt das Orchester erstmal durch Clara Schumanns Marsch S-Dur, dessen Komposition ein Geschenk von Schumann an ein befreundetes Ehepaar war. In Wahrheit sind die Musiker nicht geflogen, sondern haben das siebenminütige Stück sauber beendet, nach dessen letzten Tönen die drei Posaunisten den Saal verlassen. Ihr Arbeitstag ist beendet. Denn kaum ist der Zwischenapplaus beendet, geht es an Julius Otto Grimms Scherzo. Grimm war ja seinerzeit – wie bekennende Münsteraner natürlich wissen – eine zentrale Figur der hiesigen Musikerszene, Musikdirektor, Dirigent, Präsident des akademischen Gesangvereins und noch vielmehr. Das Orchester jedenfalls bringt das Stück auf den Punkt, energiegeladen, flott mit emotionalen Einschüben – ich bin ganz gerührt, gefesselt, fasziniert.

Ein Bühnenmitarbeiter schiebt noch ein paar Accessoires für die Solisten rein, und endlich erscheinen Weithaas mit Violine und Steckel mit Cello die Bühne. Den Auftakt macht das Orchester selbst, und das mit ordentlich Krawall, bevor dann Julian Steckel einsteigt und schließlich Antje Weithaas das Ganze emotional herunterbricht. Das ist ganz großes Kino, wie Weithaas im grünlichen Glitzerkleid vor Steckel steht, der mit seinem Cello auf einem kleinen Holzpodest sitzt und wie das gesamte Orchester in schwarz gekleidet ist. Immer wieder der Wechsel zwischen schnellen Passagen und langsamen, emotionalen, zwischen Orchester und Solisten. Aber irgendwann hat man fast das Gefühl, also ob nur ein Solist spielt, so harmonisch ist der Klang, eine Einheit, die sich mal mit dem Orchester abwechselt und mal begleitet wird. Als Zugabe spielen die beiden noch einen Sibelius, den Regentropfen, den er dem Vernehmen nach im Alter von nur 8 Jahren komponiert haben soll. Ein schönes Stück, welches es den geneigten Lesern ans Ohr und ans Herz anempfehle.

Nach der Pause hat das Auditorium über Haydns Ouvertüre zur Oper „Lincontro improvviso" Zeit, Luft zu holen um dann bei der Sinfonie Nr. 104 langsam einzuschlummern. Ich selbst habe den Einsatz der Triangelistin gar nicht mitbekommen und die ist ja bei dieser Sinfonie, zusammen mit der großen Trommel und dem türkischen Beckenpaar, elementar. Was solls – das Publikum war begeistert, und das Konzert war ja auch insgesamt dazu angetan, insbesondere natürlich die beiden solistischen Streicher.

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