Wer diese perfekte Behandlung der Violine erlebt, diesen wunderbaren Klängen lauscht, sieht, wie die Ur-Münsteranerin Mirijam Contzen den Bogen auf den Saiten hüpfen lässt, der möchte selbst gerne hüpfen – so strömt die Freude auch bis in den letzten Winkel des großen Hauses. Felix Mendelssohn Bartholdy, heuer schon seit fast 150 Jahren tot, wirkt so lebendig wie lange nicht beim 6. Sinfoniekonzert gestern Abend. Es dirigiert Generalmusikdirektor Golo Berg, der es sich nicht nehmen lässt, die Harmonie mit dem Orchester herzustellen, energisch, kraftvoll, gut gelaunt.
Rolf Liebermanns Furioso steht zunächst auf dem Zettel. Das Nachkriegsstück dauert nur 9 Minuten, die aber so voller Intensität sind, dass man leicht das Gefühl haben kann, einem mehrstündigen Werk zu lauschen. Es beginnt so wie es heißt – furios, um dem Auditorium im Mittelteil Gelegenheit zu geben, neue Kraft zu tanken für den Schluss. Mit Pauken und Trompeten – die ironische Verwendung des Ausdrucks ist hier real angebracht. Richtig einschätzen kann man das vermutlich erst, als danach viele Musiker die Bühne verlassen. Denn dann ist Zeit für das Konzert für Violine und Orchester mit der großartigen Mirijam Contzen, die den Mendelssohn Bartholdy so innig und feinfühlig spielt. Und dann diese wunderbaren Übergänge, als Contzens Töne langsam verebben und das Orchester einsetzt, wie harmonisch, wie passend, wie schön. „Schwer zu spielen“, sagt der frühere Musikdramaturg Frederik Wittenberg am Theater Münster, der aushilft, um ins Werk einzuführen „doch alle Solisten müssen sich daran beweisen und sind letztlich dankbar, ihr Können unter Beweis zu stellen.“ Wittenberg liest aus einem Briefwechsel zwischen Felix Mendelssohn Bartholdy und dem Geiger Ferdinand David vor, der sich über einen langen Zeitraum zieht, und dem Zuhörer wird deutlich vor Augen führt, welch eine Aufgabe es ist, ein solches Werk zu erschaffen. Das Auditorium ist jedenfalls ganz ergriffen bei den Klängen von Solistin und Orchester und wird nach der Pause mit der 3. Sinfonie von Brahms belohnt, ruhige, fließende Töne. Ich persönlich fand die ersten beiden Sätze etwas schläfrig, erst ab dem dritten Satz gewinnt die Sinfonie und nimmt Fahrt auf.
Ein schöner Abend.