es fehlte der Stier

Es soll ja Menschen in Münster geben, die nicht in Urlaub fliegen. Manch einer kann auch nicht, weil sich die letzte Generation auf dem Rollfeld festgeklebt hat. Für diese Menschen jedenfalls kommt Spanien nach Münster. Spanische Gitarren, Kastagnetten, Flemenco-Tänze und Feuer im Bühnenrücken – wenn da kein Urlaubsfeeling aufkommt. „Sentimentos“ heißt die neue Show im GOP unter Regie von Nikos M. Hippler, und für alle, die noch nach Spanien wollen: hier gibt es ein Canapé.

Ganz im feurigen Rot ist die Bühne gehalten, und rot-schwarz ist auch das Ensemble gekleidet, passend dazu knistern Flammen auf Monitoren. Insbesondere die Musik entführt das Publikum ins andalusische Sevilla. Die beiden Gitarristen Los Machos zeigen vor allem in der zweiten Hälfte, wie sicher sie ihr Instrument beherrschen und wie spanisch ihr Spiel ist. Da wickeln sie ihr Auditorium ein, nehmen es mit auf eine Reise in flimmernde Hitze, in Leidenschaft und Genuss, in Tapas, Tortilla und Paella. Los Machos begreift sich auch als Comedy, nennt sich selbst Costa Cordalis und Horst, streut ein paar griechische Klänge ein, italienische und spielt sogar DJ Ötzi an. Das hätten sie sich, neben vielen kleinen Ulk-Nummern, nach meinem Geschmack sparen können. Zu den spanischen Gitarren passt Beatriz Corral Grimaldo, die am Vertikaltuch zeigt, dass man für leidenschaftliche Tänze keine Bodenhaftung braucht. Nach einem hingebungsvollen, dynamischen Tanz in der Luft, aufgerollt und abgewickelt, nimmt sie das mit Rüschen besetzte Ende des Tuches als Kleid und zeigt: zur Not kann man auch auf dem Boden tanzen. Zwischendurch gibt es immer wieder Artistik, Handstand, leuchtende Reifen auf abgedunkelter Bühne, Breakdance und Hoverboard. Die Show ist sicher einen Besuch wert, aber ich hätte mir mehr Spanien pur gewünscht. Ich glaube, man hätte mehr Leidenschaft herausholen könne. Um es kurz zu machen: Es fehlte der Stier.

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