George Gershwin und Leonard Bernstein – das riecht nach Broadway. Und wenn dann noch der Klaviervirtuose Joseph Moog spielt, ist eigentlich alles angerichtet für das 8. Sinfoniekonzert der Spielzeit, gestern Abend unter musikalischer Leitung von Nicholas Milton.
Bevor das Orchester Leonard Bernsteins 100. Geburtstag mit den sinfonischen Tänzen aus der West Side Story zelebriert, widmen sich die Musiker in der ersten Konzerthälfte George Gershwin. Gershwin, von dem Musikdramaturg Ronny Schulz in der Einführung erzählt, dass der bei Igor Strawinsky Klavierunterricht habe nehmen wollen. Strawinsky habe ihn dann gefragt, wieviel er im Jahr verdiene. Zwischen 100 und 200tausend. Dann könne eher Strawinsky bei Gershwin Unterricht nehmen. Und schon spielt das Orchester, ganz anders als sonst, halt Swing- und Jazztöne. Irgendwie traut man es dem Orchester gar nicht zu, weil es sonst so brav spielt. Nach der Ouvertüre zu Girl Crazy, wird der Flügel durch ein paar Handgriffe einsatzfähig gemacht. Der junge Solist Joseph Moog gibt sich die Ehre. Wie sich dann Orchester und Klavier im Concerto F unterhalten, ist außergewöhnlich schön. Manchmal perlen die Töne so dahin und dann sorgen die Streicher kraftvoll für die richtige Antwort oder aber Moog spielt schnell und dynamisch und das Orchester gerät in die Defensive. Meistens jedoch zaubern Solist und Orchester einen homogenen Klang.
Nach der Pause ist es dann endlich soweit, dass man dem Geburtstagskind gratulieren kann. Die West Side Story ist eine moderne Großstadtadaption von Romeo und Julia. Dieses soziale Musikdrama verlegt die tragische Geschichte der Veroneser auf die einst verarmte Westseite Manhattans. Als sie 1957 uraufgeführt wurde, wo sonst, wenn nicht in New York City, schleppten sich die Konzerte so dahin. Das Interesse war eher mäßig. Es war ja schon ungeheuerlich, dass man während eines orchestralen Musikstückes plötzlich „Mambo“ rief. Besser wurde das erst, als die West Side Story verfilmt wurde. Das Münsteraner Publikum ließ es sich jedenfalls nicht nehmen, ermuntert durch den Dirigenten, umso öfter „Mambo“ einzuwerfen, während, das Orchester mit den Fingern schnippte. Selten habe ich das Publikum im Großen Haus so aus dem Häuschen gesehen. Standing Ovations sind bei einem Sinfoniekonzert nicht gerade üblich. Das lag sicher auch an dem Australier Nicholas Milton, dessen ganzer Körper dirigierte und der die Münsteraner um den sprichwörtlichen Finger wickelte. Milton spielte zunächst 8 Jahre Violine, bevor er ausschließlich den Taktstock in die Hand nahm. Der Generaldirektor des Saarländischen Staatstheaters hat zahlreiche Verpflichtungen, unter anderem in Canberra.
Ein schöner Abend und rechtzeitig zur zweiten Halbzeit des Champions League-Halbfinales war ich auch wieder zu Hause.