Ach wie fromm und gläubig, wie emsig sie doch sind, die jungen Mädchen im Pensionat von Frau Brigitte. Es bleibt ja auch nicht viel Zeit zwischen Nachmittags- und Abendandacht, Zeit, in der man sich vielleicht mit Kletten vom Gebüsch aus dem Hof bewerfen kann. Gestern Nachmittag zeigte die KammerOperette Münster im kleinen U2 die komische Operette „Das Pensionat“ in einer Inszenierung von Kai-Christian Sander, der am Tag zuvor selbst noch als Rabbi in Anatevka auf der Bühne stand. Am Klavier Christiane Alt-Epping.
Weit reicht die Frömmigkeit indes nicht. Sobald Frau Brigitte (Andrea Schulz) nicht hinschaut, wird gesungen und getanzt und, ach, natürlich sind die Männer ein Thema. Als die Mädchen da kreischend die Spielfläche stürmen und eine jede scheinbar in sich versunken zum drapierten Gebetbuch greift, ist es Helene (Laura Albert), die die Nachtigall oder besser den Nachtigallerich Carl hört. Wie verliebt sie ist, da kann man schon mal aus der gewohnten Ordnung ausbrechen und vor allem den Vogel in der Linde ansingen. Ihre Freundin Sophie (Isabell Viola Taege) freut sich mit und unterstützt gesanglich. Auch führt sie Carl über die Hintertreppe in die Gemächer der Mädchen, was natürlich streng verboten ist. Und alle Mädchen schmachten den jungen Rechtsgelehrten ohne Anstellung an. Der hat nur Helene im Blick, die aber eigentlich schon versprochen ist – der griesgrämige Dr. Augenohr soll es sein, eine gute Partie, glaubt man dem Vater. Das ist natürlich ein Lied wert, ein Duett von Carl und Helene, welche schlimmen Finger doch Doktoren seien. Eine Chance gibt es noch: Wenn Carl innerhalb von 48 Stunden einen Anstellungsvertrag vorweisen kann, darf er Helene heiraten. Wie gut, dass gerade die Stelle des Justiziariats im Pensionat besetzen ist. Schade nur, dass Frau Brigitte diesen Posten einem verwandten Frömmling versprochen hat. Aber da gibt es ja Mittel und Wege.
Eine gewohnt liebevolle Inszenierung mit hübschen Gesangspartien. Genau das richtige für einen verregneten Sonntagnachmittag.