Festivalleiter Fritz Schmücker hat es nicht leicht: Er muss die Sponsoren irgendwie unterbringen, auch wenn das eine ganze Reihe sind. Er muss neugierig machen und informativ sein. Und dann will er noch damit glänzen, zu wissen, wer wann wo in welcher Formation bereits in Münster zu sehen war. Damit war das Publikum jedenfalls schon nach 15 Minuten etwas ermüdet bei der gestrigen shortcut-Ausgabe des Jazzfestivals Münster.
Allerdings war der Ablauf dann wieder gut geplant. Denn mit der fünfköpfigen Formation „Koma Saxo“ machte nun gerade eine Band den Beginn, die das Auditorium aus jeglicher Lethargie riss. Die Mannen um den schwedischen Bassisten Frans Petter Eldh spielten irgendetwas zwischen Free Jazz und erkennbarer Melodie, jedenfalls laut mit allem was drei Saxophone so hergeben, und für alle die, deren Gehör in den oberen Frequenzen nicht (mehr) so richtig funktioniert, gab es noch das Schlagzeug. Fairerweise sage ich dazu, dass gerade Drummer Christian Lillinger einen richtig guten Job machte. Das einzige aber, was nachhaltig in Erinnerung bleiben dürfte, ist Eldhs running gag, dass er nämlich alles und jeden (also Komponisten, Musiker und Austern) an der „swedish westcoast“ verortet, was dann am Schluss doch reichlich gequält war.
Gut, dass die Musik sich nach der Pause völlig änderte. Die Französin Airelle Besson an der Trompete und ihr Landsmann Lionell Suarez am Akkordeon betraten entspannt die Bühne. Flink und filigran bedienten beide ihre Instrumente, emotional im Spiel und witzig in der Moderation. „Neige“ hieß der zweite Titel, also „Schnee“ auf deutsch und Besson fragte nach der deutschen Übersetzung, um dann auf englisch zu fragen: „Did it Schnee this year in Münster?“ Bei dem anschließenden Stück konnte man sich gut vorstellen, wie die Schneedecke langsam durch dicke Flocken wächst, was freilich auch ein bisschen Illusion ist. Ansonsten fühlte man sich bei der Musik des Duos in französische Filme in den 60ern zurückversetzt. Ganz nett nach dem brachialen Beginn, aber auf einem Jazzfestival vielleicht auch ein wenig deplatziert. Und doch der einzige Lichtblick auf diesem Festival.
Pipe Dream, die italienisch-amerikanische Band, die in dieser Formation zum ersten mal außerhalb von Italien gespielt hat, bildete den Schluss. Ob es an der etwas eigenwilligen Instrumentierung gelegen hat, Vibraphon, Flügel, Schlagzeug, Posaune, Cello, dass reihenweise Besucher vor Konzertende gegangen sind, mag ein Grund gewesen sein. Cellist Hank Roberts saß zunächst etwas unbeteiligt im Bühnenfokus, das Spiel machte die Posaune (Filipo Vignato). Und dann ausgerechnet das Vibraphon, das ohnehin schon nach Fahrstuhl klingt, nach Denkblasen in Comics. Schließlich begann Roberts sein Cello zu quälen und zu allem Überfluss auch noch an zu singen, was eher nach Walgesang klang. Irgendwann hatten die Jungs sich in einen kleinen Rausch gespielt und entwickelten kein Gespür dafür, wann Zeit ist, aufzuhören. Dabei spielte, das kann man ja einräumen, Pasquale Mirra mit vier Klöppeln schon hochklassig. Nur konnte es das auch nicht mehr retten.
Insgesamt leider sehr enttäuschend.