Max Kuiper ist „Les Horribles Travailleurs“. Vor ihm stehen fünf Recorder auf dem wackeligen Tisch. Gut zwei Duzend Kassetten liegen drum herum. Man könnte glatt ein bisschen 80er Jahre-Feeling bekommen, als der Niederländer Kuiper mit Sterile Garden und Lavas / Magmas aus den USA und den beiden Münsteranern Anja Kreysing und Helmut Buntjer das Equipment aufbaut. Doch so ganz viel ist – zumindest technisch – nicht aus der Epoche erhalten. Alles wird verstärkt und über vier Lautsprecher übertragen. Parallel dazu projizieren die Künstler Filmsequenzen auf eine Leinwand, die bereits seit Jahren an einem Betonsilo an der B-Seite des Hafens befestigt ist. „Schildkröte“ haben die Münsteraner dies Überbleibsel aus vergangener Hafenzeit getauft. Weiter vorne gibt es auch noch Elefant und Giraffe. Als es dunkel genug ist, beginnt dies audiovisuelle Event. Während nun also Häuserschluchten oder aus dem Ruder laufende Demonstrationen über den Betonklotz flimmern, gibt es was auf die Ohren. Bremsende Züge, Glockengeläut, ausschüttende Glascontainer, verstärkt, verzerrt, vereinzelt. Zwischendurch spielen Buntjer die Posaune und Kreysing das Akkordeon. Die Musik fügt sich ein, selbst wenn die beiden die US-Amerikaner erst am selben Tag kennengelernt haben. Drei Wochen ist Max Kuiper mit den US-Amerikanern auf Tournee durch die Niederlande, Deutschland und die Schweiz. Unter dem programmatischen Titel „Psychographic Collaboration“ steht die Tournee. Dahinter steht die Idee, eine Stadt konzentriert akustisch zu erleben. Es handelt sich also um typische Stadtgeräusch, die vermischt und neu zusammengesetzt werden. Gegen 23.00 Uhr ziehen sich die Künstler Schutzanzüge kann. Natürlich denkt man sofort an radioaktive Verseuchung, als die weißen Gestalten sich über eine Metallplatte beugen, vermutlich die Rückseite einer Spülmaschine. Kronkorken, Eisenstangen, eine Scherbe, Hinweis- und Werbeschilder – bei jedem noch so leichten Kontakt mit der Platte gibt es extrem laute Geräusche, zwischendurch wieder Akkordeon, Buntjer pustet mehr in sein Instrument. Das alles in dieser reinen, unverfälschten B-Seiten-Atmosphäre, zwar mit Blick auf die A-Seite, doch durch den Kanal getrennt. Immer mehr Menschen setzen sich auf die Bahnschienen oder an den Hafenrand, stellen sich vor die Schildkröte oder direkt vor die mit Kabeln und allerlei technischem Gerät vollgepackten Tische. Unter dem Namen Cassiopeia sollen in diesem Sommer in unregelmäßigen Abständen an der B-Seite des Hafens Konzerte stattfinden.