„knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“ Die erste leckere Dachziegel kann Hänsel abbrechen und auch der bunte Riesensmartie lässt sich noch von der Wand drehen. Doch zugegeben – die gesungene Erklärung: „Der Wind, der Wind – das himmlische Kind“, wirkt nicht sonderlich überzeugend. Kein Wunder, dass die Hexe lieber nachsehen kommt. Heute Nachmittag zeigte das Theater Münster in einer Wiederauflage Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“., eine Inszenierung von Andreas Bauermann unter musikalischer Leitung von Stefan Veselka.
Generationen von Kindern sind über das Märchen erwachsen geworden. Auch das Theaterpublikum ist altersspezifisch sehr heterogen – von fünf bis fünfundachtzig mag das Auditorium sein, erlebt mit, wie Hänsel und Gretel anstatt ihren häuslichen Pflichten nachzukommen, allerlei Schabernack treiben. Als die Mutter nach Hause kommt, schimpft sie die Kinder aus. Im Eifer des Gefechts, geht der Topf für den Reisbrei zu Bruch. Wütend schickt die Mutter Hänsel und Gretel zum Beeren sammeln in den Wald. Musikalisch vielleicht die großartigste Arie der Oper und auch schön von Bariton Gregor Dalal gesungen ist die „Szene des Vaters“, von Beruf Besenbinder, der gut gelaunt nach Hause kommt. „Hunger ist der beste Koch“. singt er, offensichtlich in Vorfreude auf den Reisbrei, den es dann ja leider nicht mehr gibt. Doch dass seine Frau die Kinder in den Wald geschickt hat, will ihm so gar nicht passen, hat er doch schon von der Hexe gehört.
Hänsel und Gretel indes sammeln tatsächlich auch Beeren, naschen diese dann aber auf und verirren sich bei ihrer weiteren Suche. Schließlich legen sie sich unter eine Tanne schlafen, vom Sand- und Taumännchen beschützt und zugedeckt. Das ist nett gemacht mit den Fliegenpilzen und dem Farn, die sich hübsch kostümiert liebevoll kümmern. Immer wieder ändert sich auch das Bühnenbild, mal durch einen Zwischenmembran, dann dreht sich die Bühne insgesamt, wie aus dem Nichts verschwindet das Heim und der Wald mit Beeren, Blumen und Pilzen taucht auf, endlich auch das Hexenhaus mit dem Ofen. Eine große Kugel dient mal als Wohnzimmerlampe, meistens aber als Mond, der die Szenerie fahl bescheint, gespenstisch oder hell, grün oder weiß, rot oder blau. Lisa Wedekind als Hänsel und Eva Bauchmüller als Gretel überzeugen zwar, doch insgesamt ist die Oper etwas enttäuschend. Ein dem Grunde nach so buntes Bühnenstück mit vielen bekannten Kinderliedern verdient auch mehr Farbe. Und was der Oper insgesamt an Farbe fehlt, hat die Hexe zu viel. Die trägt nämlich ein rotes Pailettenkleid und eine rosafarbene Boa. Da fehlt komplett der Gruselfaktor. Man hat richtig Mitleid mit der Dame, die schließlich auch im Theater Münster im Ofen landet. Selbst die nette Spielerei zu Beginn, als die Mutter einschläft und aus einem Bild im Wohnzimmer mit roten Paarhufern ein Hirsch oder ein Reh herausspringt, vermag den Gesamteindruck nicht mehr zu retten. Schade, denn die Musiker haben auch in vielen anderen Produktionen bewiesen, was sie können.