Was mit Igor Strawinski fröhlich beginnt, beinahe wie der Frühling, gewinnt zunehmend an Fahrt. Kein Wunder, denn das Sinfonieorchester Münster spielt echte Schwergewichte, Mozart und Beethoven. Doch das muss man erstmal so interpretieren können. Und dann ist da noch ein ganz Großer an der Oboe: Solist Giorgi Kalandarishvili. Gestern Abend fand das 1. Sinfoniekonzert der neuen Spielzeit statt.
Wie sehr das viele Leute vermisst haben. Als Musikliebhaber verstehe ich das, auch wenn es unter Corona-Aspekten schon ein Geschmäckle hat. Ich finde, dass schlicht zu viele Menschen im Theater sind und kann mich so ganz nicht einlassen auf die Musik. Dabei ist das richtig gut, was dargeboten wird. Der dritte Satz von Igor Strawinskys Kammerkonzert ist schon genial gespielt, wie die Instrumente sich unterhalten, vor allem das Fagott mit seinem unverwechselbaren Brummton „zieht mir immer die Schuhe aus“, aber auch Horn, Querflöte und die Streicher. Das ist einfach anders, als wenn man es aus der Konserve erlebt. Diese Interaktion zieht sich durch den Konzertabend. Später sind es der Solist und Dirigent Golo Berg, die Augenkontakt suchen, nicken und der eine mit Oboe in den Händen, der andere mit Taktstock angeregt unterhalten, als sie Mozarts Konzert für Oboe und Orchester spielen. Da kann man zwischendurch schon mal „wegbrezeln“, auch weil das Orchester nicht zum bloßen Beiwerk verkümmert, sondern sich kraftvoll seinen Raum erobert. Trotzdem habe ich auch den Eindruck, dass durch das Programm gejagt wird. Letztlich werden trotzdem aus den zulässigen 70 Minuten 90. Ein kleines Geheimnis verrate ich zum Schluss: Ich wette immer mit mir selbst, ob der Solist den ihm überreichten Blumenstrauß an die erste Geigerin abtritt – und ja, Giorgi Kalandarishvill hat es getan, obwohl er die Blumen mehr als verdient hat.