kindlicher Übermut am Violoncello

Nach der Pause wendet sich Golo Berg direkt an das Auditorium, ohne dass das Orchester auch nur einen Ton gespielt hätte – gestern beim 7. Sinfoniekonzert im Großen Haus. „Oft werden ja jetzt russische Komponisten aus dem Programm genommen“, erklärt er in Bezug auf den Krieg. „Ich finde das nicht richtig“, spricht er weiter, um jetzt Sergej Prokofjews Sinfonie B-Dur anzukündigen, die dieser 1944 geschrieben hat. Ein Triumph des menschlichen Geistes, wie Prokofjew selbst sagt, eine Sinfonie über die Liebe, wie der Generalmusikdirektor sagt, der die musikalische Leitung nur in Vertretung der kanadischen Dirigentin Keri-Lynn Wilson übernimmt. die erkrankt ist.

Ich verstehe zwar zunächst nicht so ganz, weshalb das Orchester erst die Variationen über ein Thema von Haydn von Johannes Brahms spielt und dann Joseph Haydn selbst. Andersherum wäre es nicht nur chronologisch schlüssiger sondern auch inhaltlich. Doch dramaturgisch ist es schon nachvollziehbar. Denn Julian Steckel, der sich die vorherige Einführung ins Werk mit der Weimaraner Musikdramaturgin Kerstin Klaholz teilt, spielt als Solist Haydns Konzert für Cello und Orchester so gefühlvoll, so innig, dynamisch, schnell, mit Schalk und Witz, dass man denkt, da kann ja danach nichts mehr kommen – außer der Pause, und natürlich einer Zugabe, zu der sich der Mann am Cello nicht lange bitten lässt, er legt schon mal vor mit Prokofjews Marsch für Kinder, ganz ohne orchestrale Begleitung. Ein kurzes Stück, doch sieht man den kindlichen Übermut und die doch überwiegend älteren Menschen im Theater spüren vielleicht noch einmal früheren Zeiten nach.

Und dann endlich wendet sich Golo Berg ans Publikum mit eben jenem Appell, jetzt nicht alles Russische abzulehnen, und Golo Bergs große Zeit scheint der zweite Teil des Abends zu sein, ein volles Orchester, satt bestückt und laut mit Tuba, Fagott, Kontrafagott und Pauken, durchaus auch emotional und leise mit der Piccoloflöte und Streichern, seine beiden Arme wedeln und holen alles aus diesem großartigen Orchester heraus. Mit schwarz-glänzenden Schuhen rutscht er über das Podest. Ein schönes Konzert.

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