ungewohnte Töne im Theater

So etwas gab es noch nie – zumindest im Theater Münster nicht. Weil das Instrument so unbekannt ist, demonstriert Solistin Carolina Eyck erst einmal dessen Funktionsweise vor dem zehnten und letzten Sinfoniekonzert im Großen Haus. „Konzert für Theremin und Orchester, Acht Jahreszeiten“ von Kalevi Aho steht für die erste Hälfte auf dem Zettel, „Eine Alpensinfonie“ von Richard Strauss füllt die zweite Hälfte. Gewohnt sicher obliegt Generalmusikdirektor Golo Berg die musikalische Leitung.

Carolina Eyck hat sich farblich dem Orchester angepasst im schwarzen Hosenanzug. Zuvor, bei der Einführung ins Werk, trägt sie noch auffallend rot, aber ihr Humor ist durchgehend. Einem Paar in der ersten Reihe erklärt sie, dass es sich besser nicht bewegt, ansonsten werde es Teil des Konzertes. Denn das Theremin baue ein elektrostatisches Spannungsfeld auf. Über zwei Antennen reagiere es auf Wasser im Körper. Die linke Hand sei dabei für die Lautstärke verantwortlich, die rechte für die Tonhöhe. Dass der Bass mit der Schulter erzeugt wird, zeigt Eyck noch kurz und lässt ein erheitertes und wohlgestimmtes Publikum auf Konzertemperatur zurück. Thema bei Aho wie auch bei Strauss sind Naturbeobachtungen, also quasi die Klammer des Abends. Bei Aho aber geht es ums ganze Jahr, etwa Herbstverfärbungen und Frostwinter, Ernte und Mitternachtssonne. Das Orchester selbst ist recht ausgedünnt auf Kammerstärke und lässt dem Theremin mehr Raum. Aber so unterhaltsam die Erklärungen zum Instrument sind, so imposant das Schauspiel, so anstrengend finde ich den Klang, wenig Variationen, eher ein quietschen und rutschen. Aber das münsteraner Publikum ist gut erzogen und spendet freundlichen Applaus. Wie sehr dieser allerdings nur in die Kategorie „freundlich“ passt, zeigt sich am Ende nach Strauss, der beinahe frenetisch mit zum Teil standing ovations gefeiert wird. Nun ist die Alpensinfonie ein Klassiker und im Theatersessel zurücklehnen ist angesichts der orchestralen Lautstärke ohnehin nicht angezeigt, zwei Harfen, Tuben und jeden Menge Schlagwerkzeug entern die Bühne zusätzlich. Der Clou aber sind die Metallbläser, die im oberen Foyer ein Parallelleben entwickeln und später zum Orchester stoßen. Strauss hat in der Alpensinfonie eine Wanderung mit Bergbesteigung beschrieben, einschließlich Sonnenaufgang, Nebel und Gewitter, gefahrvollen Augenblicken und düsterer Sonne. Die musikalischen Entsprechungen sucht man nicht vergebens. Ein musikalischer Theaterabend mit Überraschung und Genuss. Gut, dass Golo Berg sich auch traut, neue Formate aufzunehmen, selbst wenn das Publikum etwas gefremdelt hat.

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