Lazarettbetten auf der Bühne, in mehreren Stuhlreihen Kriegsversehrte mit Verbänden um Kopf oder Gliedmaßen, Krücken, Rollstuhl und jede Menge Krankenschwestern mit rotem Kreuz auf dem Kittel. Links ein Klavier. Musik stärkt die Moral. Ganz frisch wird Graf Boni eingeliefert, der nach eigenem Bekunden vom Pferd gefallen sei und sich dabei die Hand verletzt habe. So beginnt gestern Abend die Operette „Die Csárdásfürstin“ im Großen Haus in einer Inszenierung von Mareike Zimmermann.
Das besondere an diesem Lazarett ist, dass die Räumlichkeiten bis vor dem Ersten Weltkrieg als Varieté genutzt wurden. Graf Boni war hier, im Orpheum, oft Gast und erkennt schon die schicksalhafte Wendung: „Wer hätte gedacht, dass ich hier bei freier Kost und Logis noch einmal einkehre“. Gerade hat er seine Bettpfanne entgegengenommen, da erkennt er am Klavier seinen alten Freund Feri (Gregor Dalal). Nach überschwänglicher Begrüßung, erklärt der ihm, dass zur Truppenunterhaltung auch Sylvia Varescu da sei, Varietékünstlerin, die zuvor im Orpheum auftrat. Und schon kommt sie durch eine Seitentür herein. Henrike Jacob ganz wie man sie kennt, in der Rolle aufgehend steht sie auf dem Klavier und singt zur Stärkung der Moral. Selbst die Kranken führen – in einer Reihe und samt Rollstuhl – eine tolle Choreographie auf. Umwerfend wie schnell die Krankenschwestern aus ihrem Weiß die schönsten Kleider zaubern, aus den Häubchen Federboas werden. Wie schnell sich auch das Licht ändert, aus dem scheinbar sterilen Umfeld wird schlagartig ein Raum des Genusses. Durch eine andere Seitentür erscheint der Fürstensohn Edwin, im Smoking, mal mit üppigem Blumenstrauß, mal mit Steckenpferd, doch stets mit der gleichen Frage „Hat die Vorstellung schon begonnen?“ Edwin ist der Verehrer von Sylvia. Edwins Eltern, Fürst und Fürstin Lippert-Weylersheim sind nun so gar nicht einverstanden mit dieser Liaison. Standesdünkel, Regeln und Vorurteile waren Anfang des 20. Jahrhunderts ja noch stark ausgeprägt. So lassen sie ihn zu einer Wehrübung einziehen und arrangieren die Vermählung mit Komtesse Stasi, eine Verlobung aus Kindertagen. Zwischendurch wähnt man sich in Ungarn, so feurig spielt das Sinfonieorchester und so singt auch Henrike Jacob. Publikumsliebling ist allerdings Graf Boni (Erwin Belakowitsch), ein Frauenheld und Luftikus, der nichts und niemanden ernst zu nehmen scheint. Später besucht er die Hochzeitsfeierlichkeiten von Edwin und Stasi. Ihn begleitet Sylvia, die zum Schein seine Ehefrau spielt. Als Sylvia dann mit Fürst Lippert-Weylersheim tanzt, ist Graf Boni irgendwie über, was ihn aber nicht groß stört. Stattdessen führt er den Macarena-Tanz auf, während die Liebe zwischen Sylvia und Edwin neu entflammt. Heiraten kann Edwin jedoch nur standesgleich.
Insgesamt eine ordentliche Inszenierung, etwas bieder vielleicht. Manchmal wünscht man sich ein paar neue Elemente mehr, auch wenn das gesanglich nicht nur von Henrike Jacob sondern auch von allen anderen schön interpretiert wird.