Nachdem die Petrikirche wegen herabfallender Putz- und Fugenteile gesperrt ist, wich das Pianeo-Festival mit seinem Abschlusskonzert kurzerhand aus in den Konzertsaal der Waldorfschule in Gievenbeck. Trotzdem war der Saal pickepacke voll. Allein dieser Umstand verdeutlicht die Strahlkraft des Festivals mit seiner einzigartig kontemplativen Musik und den tollen Lichteffekten, die zwischendurch wabernden Schattenwurf an Decke und rückwärtige Wand zauberten. Mit „a winged victory for the sullen“ war ein richtig großes Duo auf der Bühne, verstärkt um ein Streichquartett, das im Gegenlicht fast einen Heiligenschein trug – passend zur Musik, die wie von einer anderen Welt wirkte.
Bevor support-Künstler Daniel Wohl das Auditorium in Schwingung versetzt, begrüßt Mit-Organisator Wilko Franz den Saal, der schon mal in rot-Töne getaucht ist. Franz erklärt dann noch kurz, dass das Festival streng genommen noch gar nicht beendet sei, weil das Konzert von Hania Rani und Henrik Lindstrand im Kloster Bentlage wegen einer Sturmwarnung abgesagt werden musste. Am 08.03.2020 gebe es den Ersatztermin. Franz selbst ist lange genug dabei, um Konzerte nicht zu zerreden und so gehört die erste Dreiviertelstunde dem jungen Komponisten Daniel Wohl, der immer wieder vom Keyboard zum Flügel wechselt und dessen ruhiges, besonnenes Spiel ein bisschen im Gegensatz steht zur Lichtshow, punktuellem Aufblitzen im Bühnenrücken befindlicher Lichtsäulen. Die Musik macht ein wenig schläfrig und ich ertappe mich dabei, immer mehr auf das Husten des Publikums zu achten.
Nach der Pause sind dann endlich Pianist Dustin O`Halloran und Gitarrist Adam Wiltzie oder kurz „a winged victory for the sullen“ für das Programm verantwortlich. Wiltzie scherzt dann auch gleich, dass seine Streicher „Munster“ in Frankreich verortet haben, dabei kann sich der Gitarrist selbst noch gut an das Konzert vor 5 Jahren im westfälischen Münster erinnern. Es folgt tolle Musik, die durch den Einsatz der Streicher einen sakralen Hauch bekommt. Durch die riesigen Boxen auf der Bühne wird ein imposanter Sound kreiert, der flankiert durch farbiges Licht und unglaubliche Hell-Dunkel-Effekte das Konzert zu einer runden Sache macht. Ich war ein wenig in Sorge, dass die Stimmung aus der Petrikirche verloren geht und ich glaube, ja, zum Teil ist das so. Denn diese Gewölbe, der Bühnenzugang von allen Seiten, die gefühlten Heimlichkeiten können natürlich in einer Schul-Aula nicht erzeugt werden. Und trotzdem haben die Künstler das Maximum aus dem Auftrittsort herausgeholt, haben mit den Schattenspielen an der Decke, mit den „laufenden Kreuzen“ einen visuellen Eindruck erzeugt, auf den sie in der Petrikirche hätten verzichten müssen.