wenn nicht nur das Kleid signalrot ist

Schon bei der Begrüßung geht das Licht aus, körperliche Reaktionen treten auf, die man in der Öffentlichkeit tunlichst vermeidet, Klopapier klebt am Schuh wie einst Donald Trump auf der Gangway zur Air Force One. Alles Mögliche geht schief, als Sabeth Dannenberg, Kristin Scheinhütte und Jasper Schmitz mit „the SHAME must go on“ von Physical Monkey gestern Abend das Pumpenhaus entern. Vielleicht fragt man sich einfach zu viel, was alles passieren kann.

Das Stück, dem Dannenberg selbst die künstlerische Leitung obliegt, trägt die Unterschrift „eine Groteske für drei Körper und einen Mast“. Und Dannenberg ist es dann auch, die behände den Chinese Pole erklimmt, runterrutscht oder in einem Stofftunnel verschwindet. Dann kommt es vor, dass Jasper Schmitz plötzlich allein auf der Bühne steht, eine Situation, der er am liebsten auf dem Weg geht, weil er Angst hat, seinen Text zu vergessen. Vor lauter Unbehagen und vielleicht auch, um Zeit zu gewinnen, erzählt er Witze wie diesen: „Welchen Preis bekommt der liebste, ruhigste Hund? Den No-Bell-Preis“. Gleichzeitig beklagt er sich, dass er nicht genügend gesehen wird, versteckt sich zwischendurch aber auch in einem efeuumrankten Wagen. Natürlich beruhigen ihn die Damen sogleich und verweisen auf das ihm wohlgesonnene Publikum. Doch Unsicherheit, Angst und Scham haben sie auch – wie wir alle. Nur auf der Bühne ist das offensichtlicher, direkter, unmittelbarer, was auch gerade Kristin Scheinhütte merkt, als sie ein Gedicht mit dem Titel „Du“ vorträgt und das Theater im emotionalsten Moment im Dunkeln versinkt. Da spürt man, als die Lampen wieder zu leuchten beginnen, dass nicht nur Scheinhüttes Kleid signalrot ist, sondern auch ihr Gesicht. Wie gut, dass es immer wieder Tanzeinlagen gibt, nette, witzige Choreografien, in denen sich die drei sammeln und merken, dass auch Scham verbindet.

Eine energiegeladene Inszenierung mit viel Körperlichkeit, seelischen Nöten, aber auch mindestens einem lachenden Auge. Selbstironie gehört unbedingt dazu. Heute Abend wird die Vorstellung wiederholt. Wer es nicht schafft, muss dann nach Bochum fahren.

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