der Gandhi des Gangbangs geht

Er ist der Inbegriff der Verführungskünste, Ehemänner hielten ihre Frauen fest, die wiederum beweisen wollten, dass sie und nur sie ihn halten konnten. Denn ihre Liebe sei schließlich echt und grenzenlos. Gestern Abend war im Kleinen Haus Premiere von Don Juan, einer Komödie von Patrick Marber, die sich auf den gleichnamigen Fünfakter von Molière bezieht. Regie führte Michael Letmathe.

Schon vor Beginn der Vorstellung laufen die Schauspieler entspannt durch das Foyer oder stehen einfach ruhig an der Seite, eben so, als gehörten sie zum Publikum und warteten nur kurz auf den Gatten, der vielleicht noch ein Programmheft kauft. In den eindrucksvollen Kostümen fallen sie aber natürlich sofort auf. Damit ist auch jede der anwesenden Frauen Begehrlichkeiten von Don Juan ausgesetzt, der sich schon mal zu orientieren scheint.

„Wo ist er“ sind die ersten Worte auf der Bühne, die Don Juans Diener Stani aufgebracht entgegengeschleudert werden. Stani, klasse gespielt von Louis Nitsche, sitzt derweil in der Hotellobby und schaufelt sich Erdnüsse in den Mund. Anfangs versucht Stani noch den Ahnungslosen zu spielen, den treuen, verlässlichen, unverrückbaren Diener. Doch dann fällt ihm ein, dass inzwischen über 30.000 € Salär ausstehen. „Im Penthouse“, antwortet er kurz und wirft sich eine Erdnuss ein. Don Juan (Jonas Riemer) hat es – wieder mal – übertrieben: Diesmal hat er das Objekt seiner Begierde sogar geheiratet,  damit er es „knacken“ kann. Don Juan ist in seiner Wortwahl nicht das, was man sich unter einem feinsinnigen, intelligenten Verführer vorstellen mag. Er ist derb und scheint ohne jede Moralvorstellung. So sieht er sich selbst als „UN-Botschafter der Körperlichkeit“ als „Gandhi des Gangbangs.“ Doch nun hat er die Brüder seiner Braut gegen sich aufgebracht, die ihm unverhohlen drohen für den Fall, dass er seinen Lebenswandel nicht ändert. Don Juan lässt sich davon allerdings wenig beeindrucken, russische Prostituierte, frisch Vermählte oder eine „Kaugummi kauende bitch“ – niemand ist vor ihm sicher. Selbst die Hand seines Schwagers führt er an seinen Schritt, der später sogar farbig leuchtet. Ein großes Kompliment an Sandra Bezler, die in einer Doppelrolle richtig Farbe in die Inszenierung bringt. Als Elvira flirtet sie ungeniert mit Don Juan, sogar als ihr Freund dabei ist, dabei wirkt sie herrlich übertrieben einfach, ungebildet, kriecht unter Don Juans Mantel und beglückt ihn mit einer Fellatio. Als Chantal hört sie sich auf dem Canapé liegend an, wie Don Juans Vater Ludwig emotional sein Leid offenbart, lässt ihn reden und reden, nur um kurz in  jenem russisch-harten Deutsch zu entgegnen: „Ich nix sprechen Deutsch“.  Neben der Ausuferung der Wollust spielen Koks und Hasch eine wichtige Rolle. Niemand kann so schöne Tüten bauen wie Stani. Da kann es schon mal passieren, dass eine Statue lebendig wird und Rikscha fährt.

Schöne musikalische Einlagen, tolle, drehbare Bühnenwände in Hammerschlag Gold oder mit Putten, an die schon mal Sexsklaven gekettet werden. Sex sells. Besonders lustig fand ich das aber nicht.

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