Wenn sich Musikdramaturg Ronny Scholz dafür entschuldigt, dass er nicht erkältet ist und sich ein Nasenloch zuhält, weil er ansonsten keine gestopfte Trompete imitieren kann, wenn er Streicher, Oboe und Kontrafagott klasse auch gänzlich ohne Instrument spielen kann, dann ist das 8. Sinfoniekonzert schon vor Beginn ein Erfolg – gestern Abend bei der Einführung im Großen Haus.
Ich finde es ein bisschen schade, dass Dirigent Dirk Kaftan erklären muss, warum er russische Komponisten spielt. Es ist doch unstrittig, dass Tschaikowski, Strawinsky, Prokofjew echte Größen sind. Auch Dimitri Schostakowitsch und dessen Freund und Schüler Mieczyslaw Weinberg zählen dazu. Weinberg, der nach Michail Glinkas Ouvertüre zu Ruslan und Ljudmila gespielt wird, ist aber schon gewöhnungsbedürftig. Immerhin kann die erst 24-jährige Trompetensolistin Selina Ott dabei zeigen, was in ihr steckt. Das Konzert für Trompete und Orchester beginnt schwungvoll, fast harmonisch möchte man meinen, um dann im zweiten und dritten Satz irgendwie auseinanderzubrechen, zu vereinzeln. Da spielt dann die Querflöte gegen das Orchester, bevor sich die Trompete wieder ihren Raum zurückerobert. Fagott, Oboe, Harfe, alle bekommen ein bisschen Platz, da fehlt mir einfach oft das Orchestrale. Die Österreicherin Selina Ott spielt noch einen Walzer als Zugabe und das war es dann in der ersten Hälfte.
Nach der Pause gibt es dann Schostakowitschs erste Sinfonie, die er im Alter von 18 Jahren geschrieben hat, die Sinfonie klingt wie eine Karikatur, eine Überzeichnung, Fanfarenklänge, die plötzlich im nichts enden. Im zweiten Satz spielt auch das Klavier mit, und in diesem zweiten (und auch im dritten) Satz mag man vielleicht Trauer und Wehmut erkennen. Dirk Kaftan, der musikalische Leiter des Abends, erinnert sich an seine Zeit im Münster 1997 – „vor 10 Jahren“, scherzt er und setzt hinzu: „Ein tolles Orchester, behandeln Sie es gut.“ Schließlich wird noch ein ukrainischer Gegenwartskomponist gespielt, dessen Namen ich nicht verstanden habe. Aber nach dieser emotionalen Zugabe scheint das Auditorium ganz gefangen. Niemand traut sich, zu applaudieren. Erst als die Musiker erkennbar unruhig werden, weil sich nun gar nichts tut, trauen sich die ersten, Applaus zu spenden.