Der ganze Tag stand beim Theater gestern unter dem Eindruck der neuen Spielzeit, überall konnte man mal reinhören und zusehen, mitsingen im Kleinen Haus, von weißen und roten Kaninchen erfahren im U2 oder im Ballettsaal Lindy Hop tanzen, dazu gab es im Innenhof Live-Musik oder einen Plausch mit dem Intendanten. Da war das „Spielzeiterwachen“, die obligatorische, fast zweistündige Achterbahnfahrt durch die neuen Produktionen das absolute Sahnehäubchen. Und ein bisschen hat sich Intendant Dr. Ulrich Peters die Kritik vom letzten Jahr wohl zu Herzen genommen, als so manchem der Redeanteil der Protagonisten doch zu lang wurde. Denn da kamen auch alle Spartenleiter noch zu Wort, die natürlich für ihre Sache brennen. Diesmal moderiert Peters allein – kurz, knackig, witzig.
Und schon kreist die Bühne als Erdtrabant am Firmament, Golo Berg gibt sich alle Mühe, das musikalisch zu untermauern und lässt das Orchester John Williams großartige Filmmusik zu Star Wars erklingen. Peters hatte zuvor von Yolimba erzählt, der einzigen Oper des Münchener Musikprofessors Wilhelm Killmayer, die kaum jemand kenne und auch im Theater findet sich kein Experte. Aus Yolimba wird eine Szene im Park gespielt, nein nicht gespielt, der Chor besingt das Jahr, während das Orchester musiziert. „Für die modernen Stücke holen wir immer Thorsten Schmid-Kapfenburg“, scherzt der Intendant und gibt das Zepter in die Hand des zweiten Kapellmeisters, selbst ein alter Hase. Es klingt eingängig und auch der Chor überzeugt. Wie sich da die Menschen mit Zeitung vor dem Regen schützen, ist einfach nett gemacht. Später dirigiert selbstverständlich auch Münsters erster Kapellmeister Stefan Veselka.
Besonders eindrucksvoll ist der Tanz von Maria Bayarri Pérez und ich glaube es war Leander Veizi nach einer Choreographie von Hans Henning Paar, als nur die Streicher spielen, ganz emotional und innig. Das hat auch bei den Zuschauern großen Anklang gefunden, die den Tanz mit langanhaltenem Zwischenapplaus honorieren.
Natürlich darf ein Auszug aus dem Maskenball nicht fehlen, jene Verdioper, mit der am nächsten Samstag Premiere gefeiert wird, nur eine kurze Arie wird gesungen, aber die macht Appetit auf mehr. Immer wieder Tanz und dann werden auch Szenen aus der BRD-Triologie von Fassbinder gespielt bis Gregor Dalal so herrlich singt: „Wenn ich einmal reich wär“ aus Anatevka. Kathrin Filip versucht sich schonend von ihrem Vater loszueisen. Ach, das ist einfach schön, auch wie unbekümmert und ungestüm schon im nächsten Bild Pascal Herrington singt.
Das junge Theater stellt sich vor und auch die niederdeutsche Bühne. „Unsere fünfeinhalbte Sparte“, sagt Intendant Peters, und es scheint, dass die vielen Besucher*innen nur auf den Beginn der Spielzeit gewartet haben. Das Spielzeiterwachen wird im oberen Foyer bei der Ruine schließlich gebührend gefeiert.