So ganz ausblenden kann man Corona auch beim Sinfoniekonzert nicht, ein eingedampftes Orchester und große Teile des Auditoriums tragen einen Mund-Nase-Schutz. Aber immerhin gibt es ein öffentliches Leben und man kann Covid 19 für die anderthalb Stunden recht gut verdrängen. Denn was Generalmusikdirektor Golo Berg beim gestrigen 2. Konzert der laufenden Spielzeit aus seinen Musikern herausholt, ist schon sehr beachtlich. Nicht zu vergessen ist natürlich Solist Stefan Veselka, der oft genug selbst dirigiert, gestern Abend aber mit dem Orchester Mozarts Klavierkonzert Nr. 20 d-Moll spielt.
Und das macht er so emotional, sein Spiel flink, behände, die Töne perlend. Man ist noch ganz in sein Spiel vertieft, da baut sich eine Woge auf, von den Streichern eingefädelt, von den Bläsern flankiert, die über ihm zusammenbricht und ihn in die Tiefe zieht, sein Spiel bricht ab. Jetzt ist das Orchester an der Reihe, die Urgewalt des Wassers, Strudel bis die Oberfläche wieder glatt und ruhig ist. Schon taucht das Klavier wieder auf, fährt auf der Wasseroberfläche wie ein Jetski. Alles fügt sich harmonisch ineinander. Das ist Balsam für die Seele, und noch ein kleines Pflaster hält Veselka bereit, als er den feucht-nieselnden Abend anspricht: Als Zugabe gibt es Edvard Griegs Sommerabend. Das Orchester schweigt – scheinbar ganz ergriffen. Der Sommerabend ist ein reines Klavierstück, in dem man sich das Flanieren am Hafen bei mild-warmen Temperaturen vielleicht ein letztes mal vergegenwärtigen kann, natürlich auch emotional und ein bisschen wehmütig. Das passt einfach.
Für mich persönlich – ich räume es gerne ein – ist das Fagott das schönste, interessanteste, das auffälligste Instrument. Ich ertappe mich regelmäßig dabei, dass ich auf dessen oder deren Einsatz warte. Gestern gab es nämlich sogar zwei, die oft tief-brummend das musikalische Geschehen mitbestimmen. Insbesondere im ersten Teil des Abends, der noch ohne Solist stattfand, „fünf Orchesterstücke aus der Musik zum Film the 400 Million“. Da war auch die Klarinette noch dabei, die bei Mozart verschwand. Die Oboe musste durchspielen, was dazu wohl die Gewerkschaft sagte? Ich habe im Theater vor vielleicht zwei Jahren die Oper „Orchesterprobe“ gesehen, wo genau diese Fragen diskutiert wurden. Den Abend gestern beendeten die Musiker schließlich mit Haydns Sinfonie Nr. 103, die mit einem Paukenwirbel beginnt und auch damit endet.