das egomane Kollektiv

Ach, was wäre es doch schön, ein großes Problem, sagen wir „den Hunger in der Welt“ im Kollektiv zu lösen, ganz ohne die großen Player mit den Dollarzeichen, einfach nur aus Liebe zur Menschheit. „Deutsche feiern“ heißt das neue Stück von Lars Werner, das gestern in Münsters Großem Haus uraufgeführt wurde. Die Regie führte Marlene Anna Schäfer.

Im Bühnenzentrum steht ein Container, Wohnstätte und Labor für eine Handvoll junge Leute, die sich hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt haben. Eine hohe Außenmauer schimmert im Bühnenrücken, das Verlassen des Areals ist nur durch eine Schleuse und auch nicht jedem zu jeder Zeit möglich. Was passiert hier, dass niemand raus und vor allem niemand rein darf? Die jungen Menschen, übrigens gut ausgebildet in London und New York, arbeiten und entscheiden hier im Kollektiv. Sie sind an etwas ganz großem dran. Davon zeugt schon der Schriftzug, den man im Hintergrund auf dem Dach des Containers lesen kann. Zunächst noch in Spiegelschrift, später gedreht und noch später hell erleuchtet: „Enjoy your last days on planet earth“. Die Firma CTRON um Firmengründer Stefan (Joachim Foerster) hat einen Dünger entwickelt, der aus toten Böden Humus macht. Wenn das mal keine Party wert ist. Um das auch öffentlichkeitswirksam zu zelebrieren – schließlich braucht man Kapital -, hat die Firma das Nachrichtenmagazin Spiegel geladen. Der Spiegel hat indes eine ganz junge Journalistin geschickt, wohl weil die Einladung intern an das falsche Ressort weitergeleitet wurde.

Und dann entwickelt sich ein munteres Spiel um Egoismus und Egozentrik, das alle Kollektivität ad absurdum führt. Im Zentrum: die Avocado, die so viel Wasser brauche, dass sie ein absolutes „No-Go“ sei. Schließlich wird doch ein Exemplar im Kühlschrank gefunden. Die Journalistin Lara (Marlene Goksch) wittert indes ihre große Chance aufzusteigen als Große ihrer Zunft, während andere Weichen längst gestellt sind.

Es erinnert alles an Sozialismus, der als Theorie klasse ist aber in der Praxis regelmäßig scheitert. Insofern ist das alles nicht neu aber unterhaltsam, auch weil die Schauspieler*innen ihre Egos so schön präsentieren, samt emotionalen Ausbrüchen. Tolle Videoübertragungen, die Gesichter auch in Großaufnahme mal auf dem Container und mal auf der Außenwand zeigen. Ein lohnenswerter Theaterbesuch, bei dem sich Theater und Besucher*innen mehr und mehr auf Corona einstellen.

Schreibe eine Antwort

Navigiere