mit der Kalaschnikow im Anschlag

Ostukraine 2014. Irgendwo nahe der Grenze zu Russland besucht der 13-jährige Sascha ein Internat. Aufgeschreckt durch Fernsehberichte über paramilitärische Einheiten versucht der 35-jährige Lehrer Pascha seinen Neffen Sascha nach Hause zu holen, über Checkpoints, vorbei an Soldaten mit Maschinenpistolen, mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln, notfalls zu Fuß. Das ist – grob – der Inhalt des Romans „Internat“ des ukrainischen Autors und Musikers Serhij Zhadans. Unter Regie von Moritz Sostmann gibt es in Münsters kleinem Haus eine Theaterfassung.

Ich habe meine Zweifel, ob man sich dem Thema auf der Bühne nähern sollte und dann überhaupt schon jetzt. Immerhin flimmern allabendlich Berichte über das Kriegsgeschehen über die Kanäle. Und zudem sind Möglichkeiten im Theater begrenzt. Das wirkt alles deplatziert, unangemessen, wenn etwa die Zeichnung eines Busses auf die Stirnwand des Theaters projiziert wird und nach und nach mit fettem schwarzen Filzstift erst Fahrgäste und dann Soldaten mit Kalaschnikow im Anschlag hinzugefügt werden. Oder ein jämmerlicher Flüchtlingstreck mit Kinderwagen hinter einer Stoffwand 4 Meter hin und her wackelt. Immer wieder Detonationen und Schüsse im Hintergrund. Zentral ist die Rolle des Lehrers, der vorgibt unpolitisch zu sein und dann doch Farbe bekennen muss, ordentlich aber nicht überragend gespielt von Artur Spannagel. Ich glaube, man hätte aus der Rolle noch mehr herausholen können, mehr Angst und Verzweiflung, mehr Fassungslosigkeit, Wut und Unverständnis. Und dann gibt es humanoide Puppen in halber Lebensgröße, die scheinbar das Leid des ukrainischen Volkes auf sich vereinen, mein Kompliment an Hagen Tilp für den Puppenbau. Aber auch das Spiel damit blieb zu oberflächlich. Insgesamt wirkt die Bühne wie eine einzige Detonation. Das war vermutlich auch beabsichtigt, doch lenkt es auch immer wieder ab von den Schauspielern, die insgesamt allerdings auch blass blieben. Das kann auch Lenin, eine Soldatin in übergroßen Stiefeln und die Hymne nicht ausgleichen.

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