Bei all unseren Taten stellt sich die Frage, sind sie vom Guten oder vom Bösen geführt? Oder anders: sind sie göttlich oder sind sie teuflisch? Faust hat sich bekanntlich für das letztere entschieden. Um sein Verlangen nach Lust zu stillen, nach unbändigem Leben, nach Leidenschaft hat er einen Deal mit dem Teufel geschlossen, dass dieser ihm auf Erden helfe, das Mädchen Gretchen zu verführen. Im Gegenzug gibt’s dann die Faustsche Seele. Premiere von „Faust, der Tragödie erster Teil“ Samstag Abend in Münsters Großem Haus. Die Regie führte Christoph Mehler.
Ilja Harjes als Faust nimmt man ja noch ein gewisses Leiden ab, das ihn dazu bringt, sogar seine Seele zu verpfänden. Was ist alles Wissen schon wert, wenn man das Leben nicht spürt?
Habe nun, ach! Philosophie
Juristarey und Medicin
und leider auch Theologie
durchaus studiert mit heißem Bemühn
da steh ich nun, ich armer Thor
ich bin so klug als wie zuvor
Da spürt man emotionale Kämpfe, weit mehr als bloße Textrezitation, ein Stück weit gelingt es dem geneigten Zuschauer, sich in den Gelehrten zu versetzen, der die Sinnhaftigkeit seiner Titel in Frage stellt. Aber Jonas Riemer, so mein Eindruck, ist einfach nicht teuflisch genug. Für beide Rollen hätte ich mir stärkere Besetzungen gewünscht. Das mag ungerecht sein, weil Faust als Werk so grandios ist, dass man Schauspieler schnell überfordert. Vielleicht hätte man dann einfach einen anderen Stoff nehmen sollen. Aber es gibt auch Lichtblicke, etwa Marthe, Nachbarin und Stütze von Gretchen, die intensiv von Nicola Lembach gespielt wird, stets präsent ist, so herrlich kreischend ihren Humor bewahrt. Das Publikum hat das registriert und zum Schluss mit einem Extraapplaus honoriert. Schade auch, dass sich gefühlt alle 10 Minuten der Vorhang senkt, weil kleine Umbaumaßnahmen stattfinden. Das kann man auch anders lösen. Überhaupt ist das Bühnenbild recht karg, genaugenommen besteht es aus einem Vorhang, der jeweils andersfarbig beschienen wird.
Insgesamt eine Inszenierung mit viel Luft nach oben.