Entweder die regelmäßigen Theaterbesucher haben ihre Karten mit dem WM-Spielplan in der Hand geordert (und wollten die Partie Portugal gegen Spanien nicht verpassen), oder es hat sich herum gesprochen, dass die von Caroline Stolz inszenierte Aufführung von Amphitryon gestern im Kleinen Haus nicht der ganz große Wurf ist. Jedenfalls war das Theater nur zu zwei Dritteln besetzt. Dabei bringt das Ensemble die Sprache von Heinrich von Kleist wie Musik zum klingen. So muss es sein.
Das Bühnenbild besteht aus nichts als einer riesigen Drehtür, durch die die Protagonisten auf- oder abtreten. Alle tragen die gleiche Kleidung, einen karierten Tweed, freilich bis auf Alkmene, die im rosafarbenen Hosenanzug sehnsüchtig die Rückkehr ihres Gatten erwartet, eben jenen Amphitryon, der aus dem Krieg gegen die Athener nach Hause kommen soll. Doch fällt dann die tatsächliche Begrüßung gar nicht so leidenschaftlich aus wie erwartet. Das – so stellt sich dann heraus – liegt daran, dass Alkmene (großartig: Claudia Hübschmann) schon am Vorabend Besuch hatte, Besuch, der über Nacht blieb. Niemand geringeres als Jupiter, der in Gestalt von Amphitryon eine heiße Liebesnacht mit Alkmene verbrachte. Das sorgt natürlich für einigen Wirbel, an dem auch Diener Sosias, dessen Gemahlin Charis und Merkur nicht ganz unbeteiligt sind – alle, wie gesagt, im selben Zwirn. Zwischendurch gibt es dann noch eine wilde Verfolgung durch die Reihen im Publikum. Um sich zu tarnen setzt Sosias auf der Flucht vor Amphitryon einem Besucher seinen Bowler auf und kann Amphitryon kurz täuschen. Letztlich hilft das natürlich nicht und es kommt zum großen Showdown.
Regisseurin Caroline Stolz hat ein paar nette Sachen eingebaut, so rezitieren die Schauspieler nicht nur kurz klassische Gedichte wie die Glocke, die Bürgschaft oder den Zauberlehrling, sondern stellen dem auch verulkte Werbesätze gegenüber wie „willst Du viel, spül mit Pril“ oder „oben fit, unten dicht, mehr will ich vom Leben nicht“. Der Abgang durch die Drehtür wird zelebriert, zum Teil mit viel Aufwand erschwert, weil jede Kammer besetzt ist. Das ist mitunter ganz lustig und wird von Filmmusik begleitet. Jener Musik von Oliver Onions (Bud Spencer und Terence Hill), die Leichtigkeit schlechthin transportiert.. Allerdings ist die Inszenierung manchmal doch recht ermüdend. Als Jonas Riemer in der Rolle des (echten) Amphitryon seinen zahlreichen Doppelgängern auf der Bühne die Leviten lesen will, hat die Regie einen Sprung eingebaut, als ob der Saphir die richtige Rille auf der Schallplatte sucht. Und das wird gedehnt und gedehnt bis es selbst dem geduldigen Münsteraner Publikum zu bunt wird.
Eine Aufführung, die man sich sparen kann.