Ein bisschen Unruhe, eine Kleiderstange mit Kostümen wird über die Spielfläche geschoben. Aufgeregt unterhalten sich Julius Janosch Schulte und Samia Dauenhauer in einer ihrer vielen Rollen, welche Sternchen und Sterne denn nun alle kommen, während Christian Bo Salle am Grab von Rex Gildo trauert – auch das nur ein Spiel. So beginnt Rosa von Praunheims „Rex Gildo – das Musical“ im Studio in Münsters kleinem Haus. Hier im Keller, einem früheren Probenraum, gibt es keine Bühne, dafür direkten Kontakt zu den Zuschauern. Regie führt Heiner Bomhard, der auch für die Ausstattung der Spielfläche und die Komposition der Liedtexte verantwortlich ist.
Eingebettet ist Rex Gildos Geschichte – mit bürgerlichem Namen übrigens Ludwig Franz Hirtreiter – in den schwulen Schlager-Contest 2024, wobei Rex Gildo es nicht fertig bringt, das Wort schwul herauszuwürgen, was direkt zum Kern führt: denn zwar sind homosexuelle Handlungen zwischen Männern seit 1969 nicht mehr strafbar, doch der Schauspieler und Schlagersänger Rex Gildo ist in den 70er Jahren Schwiegermutters Liebling. Wie er soll er sich da offen zu seiner Homosexualität bekennen? So hält er also das Verhältnis mit Manager Fred Miekley geheim und heiratet stattdessen seine Cousine Marion Hirtreiter. Wenn Rex Gildo auch schon seit 25 Jahren tot ist, ein Tod, der Fragen offen lässt, gestern Abend wurde er ein bisschen lebendig, seine Seelenqual in die heutige Zeit transferiert. Man weiß nie so genau, ob man lachen oder ob es einem nahe gehen soll, was sicher beabsichtigt ist. Witzige Liedtexte und ein riesiger goldener Penis, der Gildo von der Stadt Salzburg verliehen wird – ausgerechnet Salzburg, der Geburtsstadt von Mozart, bunte, schillernde Kostüme vor einem silbrigen Flattervorhang. Alle möglichen Figuren tauchen auf: eine kiffende Gitte Haenning, die eine nur medial inszenierte Affäre mit Rex Gildo hatte und Rudolf Moshammer, bayrische Ikone der Schwulenszene mit Hund Daisy oder König Ludwig II. Hossa – darauf wird Rex Gildo immer wieder reduziert. Wie gerne würde er doch Shakespeare rezitieren. Die drei Schauspieler machen ihre Sache grandios. Mir persönlich hat Samia Dauenhauer mit Peitsche und Berliner Dialekt am besten gefallen, wie sie in ihrer Rolle als Fred männliches Verhalten von Rex Gildo einfordert. Das will nicht so richtig klappen. Aber auch Christian Bo Salle war klasse, wie er gesungen und gelitten hat, geliebt und getrauert. Auch Julius Janosch Schulte hat überzeugt. Ich hätte mir ein bisschen mehr Bühnenleid gewünscht, aber das Stück ist trashig angelegt. Hossa – nach einem Auftritt in einem Autohaus stützt sich Rex Gildo aus der II. Etage seiner Münchener Wohnung in den Tod.