tender loving care

Wer immer schon auf eine sehr ansprechende, fast poetische Weise wahres über die Geschichte der Rakete erfahren wollte, dass sie also etwa schon im 12. Jahrhundert von Chinesen im Krieg gegen die Mongolen eingesetzt wurde, wer subtilen Witz schätzt, Kostüme und bequeme Sitze, mit einem Wort: wer die Theaterproduktionen von „Freuynde & Gaesdte“ kennt, der sollte sich „Fräulein Becker“ im Planetarium nicht entgehen lassen.

Dass Fräulein Becker schon Ende der 50er Jahre mit der Jupiterrakete in die Schwerelosigkeit geschossen wurde, erzählt Texter und Regisseur Zeha Schröder im hellblauen, glitzernden Zwirn. Genau wie Anke Winterhoff im pinken Glitzer als Fräulein Becker und Stefan Nászay in Gold als  „begleitendes Bodenpersonal“ trägt er ein Gestell auf dem Kopf, das aus zwei Leuchtquellen ausschließlich das eigene Antlitz erhellt. Das wirkt ein bisschen futuristisch und im Verein mit der meistens eher dunklen Kuppel, lenkt es den Blick auf die Mimik der Schauspieler. Dann gibt es eine Definition, was denn eigentlich eine Rakete sei und das Auditorium wird kurz über das Rückstoßprinzip oder den Oxidator aufgeklärt. Der sternenübersäte Himmel teilt seine Weite mit  Leuchtkörpern und Raketen. In einer ist plötzlich der Kopf von Fräulein Becker zu sehen, die ein paar Funksprüche mit der Erde probiert in über 400 Kilometer Höhe, entspannt und festgeschnallt. Dass sie so ruhig ist, war ein wichtiger Faktor, sie auszuwählen.  Dabei gab es jedenfalls eigentlich keine Funksprüche. Aber man kann ja durchaus rätseln, wie die denn ausgesehen hätten. Und dass Fräulein Becker so reagiert auf „tender loving care“, also liebevolle Fürsorge, brachte ihr den Spitznamen „tlc“ ein.

Zuvor schon haben die „drei historischen Raumfahrer“ den Start der Rakete zelebriert, was denn nach Checkliste alles so abzufragen ist, etwa die verschiedenen Gasmischungen, Ventile und Treibstoffvorräte. Und dann wird halt runtergezählt. 5,4,3 So ein Raketenstart wirkt im Planetarium noch mal ganz anders als im Fernsehen oder Kino 2,1,Zero und schon sitzt man mit Fräulein Becker in der Raumkapsel, spürt den Fliehkräften bei ohrenbetäubendem Lärm nach, fühl sich angeschnallt und schließlich schwerelos, ein paar Minuten bevor man wieder in die Erdatmosphäre eintaucht in rasender Geschwindigkeit, fühlt sich verloren im Meer und geborgen und untersucht.

Zwischendurch erläutern alle, wie sich das Raketenwesen denn so entwickelt hat über die Chinesen und Wernher von Braun bis Alexander Gers.

Ein kurzweiliger, auch witziger und doch bewegender Abend, den die drei Protagonisten unter das  Firmament gezaubert haben. Chapeau.

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