Langsam geht es auf die Zielgrade beim NRW-Theatertreffen. Ich habe mir gestern das achte Stück in Folge angesehen, die allermeisten Inszenierungen waren klasse, inspirierend, berührend. Manchmal allerdings gibt es dann auch ein Stück wie das gestrige vom Schlosstheater Moers, bei dem man sich schon fragt, wie schlecht denn die anderen 30 Produktionen gewesen sein müssen, wenn „Zur schönen Aussicht“ unter Regie von Ulrich Greb zu den ausgewählten 10 besten gehört.
Das Stück gehört in das Frühwerk von Ödön von Horváth, da war er gerade 25 Jahre. Geschrieben hat er es 1926, erstmal aufgeführt wurde es allerdings erst wesentlich später. Der zweite Weltkrieg wirft seine Schatten voraus, der erste ist gerade erst zu Ende. In diesem Geist betreibt Hoteldirektor Strasser ein Hotel in den Alpen, eben „zur schönen Aussicht“. Die Geschäfte gehen schlecht, es gibt nur einen Gast oder vielmehr eine Gästin, die allerdings zur Dauermiete, nämlich Baronin Ada Freifrau von Stetten. Frau Baronin ist sich dann auch ihrer Bedeutung für das Überleben des Geschäfts und der reichlich schrägen Beschäftigten bewusst und lässt es alle spüren, selbst ihren Zwillingsbruder Emanuel, der sie anzapft, um Spielschulden zu begleichen. Schließlich kommt mit Christina eine junge Frau ins Spiel, die im Jahr zuvor eine Liebschaft mit dem Herrn Direktor hatte und von ihm ein Kind. Die Hotelmannschaft versucht nun, sie als Dirne darzustellen, die mit allen dortigen Männern etwas gehabt hat, um den Chef von der Last möglicher Unterhaltszahlungen zu befreien. Doch dann kommt heraus, dass Christina von ihrer Tante ein nicht unerhebliches Vermögen geerbt hat.
Soviel zum Plot. Was dem Publikum dabei geboten wird, sind spuckende, urinierende Menschen, Tassen, Teller Tischdecken, die durch den Raum wirbeln, eine Uhr, die ständig auf 5 vor 12 steht, um plakativ zu demonstrieren, wie schlecht es um den Planeten steht. Und für alle, die es immer noch nicht gemerkt haben, folgen dann regelmäßig Erdbeben. Das erste mal, dass ich sehnsuchtsvoll auf meine Uhr schaute, war nach dreißig Minuten, da waren noch anderthalb Stunden zu spielen und niemand den Bühnentod gestorben. Gut, letzteres ging dann nachher schnell, wobei man sich schon fragen kann, warum das Trommelfell mit Platzpatronen derart strapaziert wird, wenn die meisten Todesfälle eben gerade durch ein lautmalerisches „peng“ angezeigt werden. Ganz zum Schluss schiebt Hoteldirektor Strasser in zermürbender Langsamkeit alle Hoteltische wieder dahin, wo sie hingehören und bedeckt die zahlreichen Leichen mit Tischtüchern. Wenigstens die 10 Minuten hätte man ja dem Auditorium gönnen können, um vielleicht draußen noch ein wenig zu promenieren.