Tolle Musik von einem wie immer grandiosen Orchester, bunte Kostüme in üppiger Besetzung, ein leerstehendes Kaufhaus, ständige Pleite im Künstlerleben und natürlich emotionale Arien, Duette und Quartette – das Theater Münster spielte gestern Abend Puccinis Oper „La Bohème“ unter Regie von Effi Méndez. Die musikalische Leitung oblag Generalmusikdirektor Golo Berg.
Heiligabend. Kein Brennholz zum heizen, dann muss schon mal ein Manuskript dran glauben, was freilich nicht für anhaltende Nestwärme sorgt. Dichter Rodolfo (Garrie Davislim) und Maler Marcello (Johan Hyunbong Choi) fehlt die rechte Idee, wie sie Wärme in das leerstehende, mit Planen abgehängte Kaufhaus und Speisen in den Magen kriegen können. Zum Unglück gesellt sich der Umstand, dass der Philosoph Colline (Kihoon Yoo) unverrichteter Dinge über die Rolltreppe vom Pfandhaus zurückkommt – geschlossen. Da trifft es sich gut, dass wenigstens der vierte im Bunde, der Musiker Schaunard (Gregor Dalal) Geld vom Musikunterricht beisteuert und Rotwein mitbringt. Der Rotwein wird aber direkt gebraucht, um den Vermieter redselig zu stimmen und von der ausstehenden Miete Abstand nehmen zu lassen. Endlich verschwinden alle ins Café Momus – alle bis auf Rodolfo, der noch fünf Minuten schreiben will. Genau in diesem Zeitraum erscheint Nachbarin Mimi (Marlena Devoe), um sich Feuer zu holen. Feuer hat auch direkt Rodolfo gefangen, der so herzzerreißende Arien singt, dass Mimi gar nicht anders kann als sich auf dem Schlachtfeld der Liebe ergeben zu müssen. Der Tenor Garrie Davislim beherrscht sein Fach, das merkt auch das Auditorium und beginnt zu schmelzen. Dahinter bleibt auch die neuseeländisch-samoanische Sopranistin Marlena Devoe nicht zurück und reagiert ihrerseits mit Liebesarien. Und wenn man denkt, mehr geht nimmer, singen die beiden im Duett. Bariton Johan Hyunbong Choi als Maler Marcello hat derweil mit Robyn Allegra Parton in der Rolle der Musetta eine ganz eigene Liebesbeziehung, in der Beschimpfungen zum Vorspiel gehören – Kneipenmaler, Hexe. Zwischendurch singen alle vier gemeinsam zu der berührenden Musik von Pucchini. Doch die Geschichte nimmt kein gutes Ende, das Kaufhaus wird abgerissen. Abrissbagger erscheinen als Bild im Bühnenrücken, was symptomatisch ist für die Beziehung zwischen Rodolfo und Mimi. Und wenn am Ende auch alle ihre Habseligkeiten im Pfandhaus verhökern, um den Arzt zu bezahlen, ist die Schwindsucht stärker als Mimi. Traurig aber schön-traurig. Wenn der Tod schon zum Leben gehört, sollte man auch eine Oper draus machen.