Wenn ein Programm die „schönsten Opernhits“ heißt, weiß man natürlich, was einen erwartet. So wich die Zusammensetzung des Auditoriums etwas vom üblichen ab: ein paar Eltern mit Kindern, die ihre Sprösslinge in die Welt der „high culture“ einführen wollten und der ein oder andere, der vielleicht schon etwas vom Opernbetrieb gehört hat, sich bislang aber nicht traute, eine Inszenierung zu besuchen. Auch (und gerade) auf diese Besucher war das Theater eingestellt: eingängige Melodien, frühe Anfangszeit, reduzierte Dauer gestern Abend im Theater Münster bei der Premiere der schönsten Opernhits. Die musikalische Leitung oblag dem 1.Kapellmeister Henning Ehlert.
Olivenbäumchen und ein paar Sukkulenten beidseitig zeigen dem Publikum, wo es hingeht, nämlich in den Süden: nach Rom, nach Turin und nach Paris, wo die meisten italienischen und französischen Opern uraufgeführt wurden. Nach den ersten Tönen betritt die Intendantin Katharina Kost-Tolmein die Bühne. Sie lässt es sich nehmen, selbst die Moderation zu übernehmen. Und das macht sie ausgezeichnet, redet ruhig und nicht zu lang, gerade so viel, dass man weiß, welche Arien von welchem Komponisten und in welchem Kontext gesungen werden. Schon lässt das Orchester die ersten Töne von der Ouvertüre Rossinis Barbier von Sevilla erklingen. Fast unmittelbar ist das Publikum von der Kraft der Musik absorbiert. Als nach und nach die Sänger*innen auf die Bühne kommen und – je nach Gefühlszustand – inbrünstig, leidend, liebend, eifersüchtig – ihre Arien, zum Teil im Duett singen, wünsche ich mir, dass die Opern fortgesetzt werden, doch schon sind wir bei Puccinis la Bohème oder Bizets Perlenfischern. Johan Hyunbong Choi singt nicht nur hervorragend, sondern hat auch viel komödiantisches Talent, wie er da versucht, Garrie Davislim und Wioletta Hebrowska zu verkuppeln und das Ganze gestisch unterstreicht. Als die beiden sich schließlich näher kommen, geht es Johan Hyungbong Choi nicht schnell genug und er äfft Garrie Davislim nach, das Ganze natürlich gesanglich. Das Orchester kann bei all den Eskapaden scheinbar mühelos Schritt halten.
Mit einem Walzer aus Gounods Faust geht es nach der Pause weiter Warum nicht mal in die Oper? Faust begeistert! | ALLES MÜNSTER (allesmuenster.de) Gregor Dalal ist Mephistopheles, schon wie er die Bühne betritt, das Ganze Publikum mit einem Auge erfasst, mit donnernder Stimme singt und dann ein freundliches Gesicht macht, dass man nicht weiß: meint der das ernst? Aber auch die Damen machen das klasse. Eine Bestnote hat sich nach meiner Auffassung Robyn Allegra Parton verdient, die alle Koloraturen beherrscht und zum Schluss im silbrigen Kleid mit Wioletta Hebrowska Hand in Hand über die Bühne schlendernd singt. Romeo und Julia darf nicht fehlen und Camille Saint-Saens Samson und Dalila auch nicht. Letztere Oper basiert auf dem biblischen Stoff der Richter und wurde – obwohl französisch – im Hoftheater in Weimar uraufgeführt. Erst viel später kam sie auch nach Paris. Jedenfalls war das münsteraner Auditorium ganz aus dem Häuschen, forderte immer wieder Zugaben und weder Orchester noch Sänger*innen ließen sich lange bitten. Ein schöner, begeisternder, voller Abend mit – nach meinem Geschmack – etwas viel Sahne und zu wenig Gebäck.