Amerikaner oder Pakistani

Hundert ziemlich vollgepackte Minuten, in denen es um das Mit- und Gegeneinander der Weltreligionen, die Herkunft, persönliche Differenzen aber hauptsächlich um den US-amerikanischen Anwalt mit pakistanischen Wurzeln Amir Kapoor geht: Freitag Abend war Premiere des Schauspiels „Geächtet“ von Ayad Akhtar in Münsters Kleinem Haus – eine Inszenierung von Christina Paulhofer.

Trotz des herrlichen Sommerabends ist das Theater bis auf den letzten Platz ausverkauft. Schon vor der Vorstellung sieht man fünf Menschen im Schattenspiel vor blau-lila Fenster, ein bisschen Party-Atmosphäre. Nach und nach laufen alle Protagonisten nach vorne ans Mikrofon und stellen sich vor. Claudia Hübschmann in der Rolle von Emily, Künstlerin und Amirs Frau, erklärt dabei süffisant: „Ich erwarte ein wenig Fantasie, denn ich bin schwarz, oder politisch korrekt: maximalpigmentiert.“ Das Gerüst der Geschichte: zwei Paare wollen in einer New-Yorker Wohnung  gemeinsam zu Abend essen, kommen aber nicht über den Fenchel-Anchovi-Salat hinaus. Der Kunstkurator Isaac (Christopher Rinke: „ich habe dem Katholizismus schon lange abgeschworen“) ist jüdisch, dessen Ehefrau Jory ist afroamerikanischer Herkunft und Kollegin von Amir (Natalja Joselewitsch) . Und dann gibt es auch noch Amirs Neffen Abe, der seinen Namen hat ändern lassen, weil er in der amerikanischen Gesellschaft damit immer aneckt (Garry Fischmann). Zwar isst der Neffe nicht mit zu Abend, doch hat er seinen Onkel Amir gebeten, einen angeklagten Muslim im Gefängnis zu besuchen und später zu vertreten. Diese Geschichte ist wichtig für den weiteren Verlauf und sollte Amir noch Probleme bereiten. Amir selbst ist geboren in Pakistan, lebt aber schon lange in den USA. Zwar hat er mit seinem Glauben gebrochen, doch so ganz kann er sich nicht von dem Hass auf Juden freimachen. Ganz zu Anfang schon erzählt er seinem Neffen eine Geschichte, wie er einem jüdischen Mädchen ins Gesicht spuckte. Diese Abneigung gegen Juden setzt sich fort beim Abendessen im Gespräch mit Isaac fort. Überhaupt Isaac. Irgendetwas ist zwischen Issac und Amirs Frau Emily.

Die verschiedenen Ebenen überlagern sich und so hat man kaum Zeit, sich in die Szenerie richtig einzufühlen. „Ganz wie im richtigen Leben“, mag man denken. Es klingt abgegriffen, aber manchmal ist weniger mehr. Meiner Auffassung nach hätte man sich auch ein paar „special effects“ sparen können. Den rosa Elefanten zum Beispiel, der über die Bühne lief oder auch die im farbigen Bühnenlicht eingefrorenen Szenen, in der etwa mal Emily in US-Fahne gewickelt mit Maschinengewehr über die Bühne robbt.  Bestnoten verdient sich Jonas Riemer als Amir, dem man seine ganze innere Zerrissenheit sofort abnimmt, ebenso wie seinen Gewaltausbruch und seine Reue.

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