César in Münster

Lange musste das Stammpublikum warten, und ein paar neue Gesichter waren auch dabei, als gestern das erste Erbdrostenhofkonzert der Spielzeit stattfand. Dabei konnte einem schon zu Beginn mulmig werden. Denn Münsters Musikdramaturg Frederik Wittenberg stand sicher nicht zufällig auf der Bühne. Und tatsächlich verkündete er, dass es wegen Erkrankung einen Ersatz für die ursprüngliche Besetzung gebe: „Nein, keinen Ersatz, sondern ein Alternativprogramm“, verbesserte sich Wittenberg gleich.

Emanuel Wehse am Violincello und Christian Petersen am Pianoforte erwiesen sich dann als echte Profis, auch wenn Claude Debussys Sonate d-Moll sicher nicht den Geschmack von allen Zuhörern fand. Wehse hatte Debussys drei kurze Sätze extra blumig anmoderiert: „Es gibt viele Schattierungen, wir müssen die Zwischentöne suchen, und ich hoffe, dass wir sie für Sie hörbar machen.“ Das klappte nur bedingt. Es gab eine Reihe von vereinzelten Tönen, die irgendwie in der Luft hingen, bevor sie dann zueinander fanden. Doch Debussy war nur das Intro. Dass sich das Publikum mit Applaus zurückhielt, schien durchaus eingepreist. Es folgte Brahms, dessen Wehmut irgendwie an einen Morgen erinnerte, der nicht richtig in den Gang kommen wollte, vereinzelte Sonnenstrahlen, die von der Dunkelheit absorbiert wurden. Doch die Sonne nahm an Kraft zu wie die Musik, die ersten Lichter trafen den Waldboden, es wurde heller und lauter, wärmer und schöner, Violincello und Pianoforte wetteiferten um den perfekten Ton und entließen das Auditorium mit einem rasanten Ende in die Pause.

Die zweite Konzerthälfte sollte wieder mit Debussy beginnen. Allein Petersen erzeugte auf seinem Tasteninstrument die Illusion von gluckerndem Wasser, dessen Blasen aufstiegen und zerplatzen, also etwa „tropfendes Wasser in emotional“. Nach kurzer Zeit gesellte sich auch der Streicher wieder dazu, und was dann folgte, ist kaum zu beschreiben, denn nun nahmen beide Musiker ihr Publikum mit auf eine gefühlvolle Reise. Wohl dem, der sich darauf einlassen kann. Das Spiel war so schön und sentimental, so vereinnahmend, wie sie da César Franck spielten. Der französische Komponist gilt als einer der bedeutendsten des 19. Jahrhunderts. Aber man muss das erstmal spielen können, dass es auch die Wirkung erzeugt. Im Saal des barocken Adelspalais war es jedenfalls ganz ruhig, alle schienen den Atem anzuhalten. Schließlich entlud sich die Anspannung in frenetischem Applaus

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