Flieder aus Wien

Die Liebe. Was sonst ist Operettenstoff? Natürlich gibt es immer reichlich Verwicklungen bis alle da sind wo sie hinwollen und auch hingehören. Zunächst muss Rudi, Sohn eines Weinhändlers, seine arrangierte Verlobung lösen. bevor Mizzi, Tochter eines Oberkellners, seine Braut werden kann.  Das kostet nicht nur Zeit und Energie sondern auch einiges Liedgut. Zum Glück aber beherrscht Rudi sein Fach. Gestern Nachmittag war im kleinen U2 Premiere von Max Wallners und Hannes Reinhardts Operette „Flieder aus Wien“. Die Musik stammt von Fred Raymond.

Diese 1949 in Kassel uraufgeführte Operette wird in Münster von Christian-Kai Sander inszeniert, und das so liebevoll, dass die Menschen in der ehemaligen Probebühne ganz gerührt sind. Bestmarken verdient sich dabei Gerlind Hofmann als Etelka Varasi, Soubrette am Carl-Theater, die ihrer Freundin Mizzi helfen will und dabei einiges Unheil anrichtet. Hofmann ist auch in den nonverbalen Passagen so komisch, aber wenn sie dann erst spricht mit ihrem Akzent oder singt und den Weinhändler Leopold Graner (Lars Hübel) oder das Publikum fixiert, sind alle gefesselt. Man wartet förmlich auf ihren nächsten Auftritt. Doch auch auch die anderen Mitwirkenden sind überzeugend. Die Zuschauer sind ja dabei, wie sich die Liebschaft zwischen Rudi und Mizzi ergibt und entwickelt. Doch dann sitzen sich plötzlich Rudi und seine „geplante Geschäftsbraut“ Lucie (Susanne Kaletta) gegenüber, übrigens: so weit entfernt wie nur möglich. Wo gerade noch verzehrende Liebe besungen wurde, ist jetzt eisige Stille angesagt. Das machen die beiden so gut, dass man mitleidet und doch auch lachen muss, wie Rudi da gestikuliert, auf seinem Stuhl herumrutscht, jammert und die richtigen Worte nicht findet. Beide lassen sich viel so viel Zeit, dass man das Unangenehme spürt. Eine tolle Leistung insbesondere von Juan Sebatián Hurtado Ramirez, der auch viele Solopartien singt oder im Liebesduett mit Anna-Lisa Gebhardt als Mizzi sein Herz öffnet. Und dann sind auch die Nebenrollen klasse besetzt bis hin zu Philipp Popp, der den jungen Strauß spielt, auf der Suche nach dem richtigen Text für seine Komposition. Mit Pudelfrisur hat er nur kurze, dafür aber eindrucksvolle Auftritte.

Schöne, eingängige Musik, die voller Inbrunst und Fröhlichkeit gesungen wird, klasse begleitet von Hyolim Chi am Klavier. Diese Operette macht glücklich.

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