Mit vier Gesichtern im Zirkus

Das Kleine Haus erkennt man kaum wieder. Die bekannte Sitzordnung ist aufgehoben, die Stühle stehen mehrreihig an den Seiten. In der Mitte befindet sich ein riesiges rotes Tuch auf dem Boden. Zeit für Cir…cus, eine Tanzinszenierung und Choreographie von Hans-Henning Paar.

Schon bevor alle Zuschauer sitzen, bewegt es sich unter dem Tuch, türmt sich auf und fällt in sich zusammen, wird aufgebläht und sinkt zu Boden. Schon beginnen die ersten Takte der rumänischen Band Fanfare Ciocärilia, temporeiche Balkanbeats, trompetenlastige, komplexe Rhythmen, die zum tanzen einladen, zumindest aber zum wippen mit dem Fuß. Ganz in schwarz und weiß und silbern sind die elf Tänzerinnen und Tänzer gekleidet, mal schachbrettartig, mal im Tüllrock, geweißte Gesichter und clowneske Bewegungen, die sie trotz der Geschwindigkeit synchron  ausführen. Immer wieder nutzen einzelne Tänzer die zahlreichen Wege von der Bühne aus der Mitte, sodass sich die Zusammensetzung stets und schnell ändert. An der Kopfseite der Bühne befindet sich der eigentliche Eingang wie beim Zirkus mit starker Beleuchtung. aus dem eine „Prinzessin“ in schwarzem Reifrock tritt. Eine imposante Erscheinung, auch weil sie vier Gesichter trägt und der Oberkörper sich scheinbar dreht als wäre er nicht mit dem unteren Teil verbunden. Die Prinzessin wächst und wächst und gebiert schließlich einen Tänzer, der unter ihrem Rock hervorkriecht und selbst zwei Gesichter hat. Da wird die Musik auch mal leiser und langsamer. Eine junge Frau wird hereingetragen, deren Extremitäten von einer Menge Ballons gehalten wird. Auf dem Boden abgestellt hat es den Anschein, als ob die Ballons sie steuern, eine Marionette sozusagen. Anfangs tanzen andere um sie herum, doch schon gewinnt sie an Dynamik und Selbstsicherheit. Das lässt die anderen nicht kalt, die – so wirkt es – um ihre Positionen fürchten. So lassen sie die Ballons nach und nach platzen, die jeweils Glitter freigeben. Die Bewegungsfähigkeit der Marionette wird mehr und mehr eingeschränkt. Zum Schluss liegt sie auf dem Boden, gehalten nur von einem Ballon, der die Grundversorgung reguliert. Ganz zum Schluss deckt sich das rote Tuch wieder über die Bühne in der Mitte und still und starr ruht der See.

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