Schweine im Pumpenhaus

George Orwells „Animal Farm“ ist ein Klassiker, eine Revolution, die die Farbe an der Wand aber nicht die Verhältnisse ändert. Herrschende Schweine, die Alkohol trinken, im Haus wohnen und in Betten schlafen, dabei war das doch alles ganz anders gedacht. Richtig Schwung bringt Cactus Junges Theater in die Angelegenheit. Unter der Regie von Alban Renz und Shaun Fitzpatrick gab es gestern Abend im Pumpenhaus die Premiere von „Wer sind die Schweine?“

Klar, zu Beginn hat man Mitgefühl, als sich so eine arme Sau mühsam erhebt, eine geschundene Kreatur, die die Zustände auf der Farm benennt, die die Keimzelle bildet für den Revolutionsslogan: „vier Beine gut, zwei Beine schlecht“. Und dann muss dem Gefügeltier auch noch schnell erklärt werden, dass Flügel selbstverständlich auch Beine darstellen, da sie ja der Fortbewegung dienen. Es fällt überhaupt nicht schwer, sich solidarisch zu zeigen, dass die Hühner selbst über ihre Eier und die Kühe über ihre Milch bestimmen wollen. Dass Meister Jones, oder eben später nur noch Jones, vom Hof gejagt wird, kann man dann auch nicht wirklich bedauern. Dabei gelingt den jungen Schauspielern die Darstellung der Tiere ausgesprochen gut, das Rindvieh, das so schön wiederkäut oder die Schweine Snowball, Napoleon und Squeler, letztere ist so eine Art Pressesprecherin, die alles, was Napoleon als denkendes Hauptschwein entscheidet, in einfachen Worten erklärt. Doch die jungen Leute übertreiben nicht. Grunzen, wiederkäuen, flügelschlagen im Maaßen. Das gilt auch für die Kostüme, für die Bettina Zumdick verantwortlich ist. Es sind nicht nur die dreckig-rosafarbenen Schweine mit den speckigen Bäuchen (Napoleon dann freilich mit einem grellroten Latexkostüm über dem üppigen Bauch), es ist auch das Pferd Boxer oder das Rindvieh, die mit den erdfarbenen Kleidungsstücken tatsächlich an Tiere erinnern. Die Hühner sind eher in weiß gehalten und flattern aufgeregt durch die Gegend. Sie zermatschen ihre Eier lieber als sie abzugeben. Und dann kommen Risse in die neue Struktur, weil all das, wofür die Tiere gekämpft haben, nicht mehr zu zählen scheint. Die Schweine wollen Handel treiben und Alkohol trinken, ja sogar eine Destille bauen, während alle anderen Tiere durch die Revolution nichts gewonnen haben. Im Gegenteil müssen sie noch mehr arbeiten als früher und sogar auf ausreichend Futter und kleinste Annehmlichkeiten verzichten.

Wunderbar kurzweilig mit jungen Menschen, die in Text und Darstellung brennen, selbst nonverbal wie Boxer überzeugend, eine witzige Inszenierung, die bei allem Spaß aber doch zum Nachdenken anregt. Cactus ist ein Genuss. Noch bis zum 10. Februar im Pumpenhaus.

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