So richtig überzeugend war das nicht – zum Simplicissimus

Es war nicht etwa ein Jahrmarkt, auf dem Manfred Kehr zu Drehleier und  Laute griff. Vielmehr hatte die Grimmelshausen-Gesellschaft geladen. Grund war der 400. Jahrestag des Ausbruchs des Dreißigjährigen Krieges. Kehrs musikalische Einlagen wechselten mit Markus von Hagens Lesung historischer Texte aus dem Simplicissimus  – gestern Abend auf der Studiobühne der Universität am Domplatz.

Er ist der erste Schelmenroman der frühen Neuzeit, das wichtigste Prosawerk des Barock in deutscher Sprache und Namensgeber von Zeitschriften und Gesellschaften: der „abenteuerliche Simplicissimus“ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, der unter zahlreichen Anagrammen veröffentlicht hat. Das Werk beschreibt des Lebenswerk von Melchior Sternfels von Fuchshaim, der im Dreißigjährigen Krieg von Soldaten verschleppt wird, es zum Offizier schafft, mehrfach die Seiten wechselt und schließlich der Welt entsagt und Einsiedler wird. Dabei handelt es sich bei dem Protagonisten um einen gebildeten Adeligen, der Literatur thematisiert.

Wenn Kehr die für heutige Ohren leicht schräge Drehleier bedient und mit dazu passendem Gesang beginnt: „Auf Ihr Brüder, sinkt hoch und nieder“, wenn von Hagen aus dem Simplicissimus liest, mit schöner, sonorer Stimme, akzentuiert, leidenschaftlich von Fähnrichen, Schmarotzern, Hexen und Huren, armen Edelleuten und Buben berichtet, dann könnte fast jene dunkle Zeit des großen Leids lebendig werden. Aber bei allen Fähigkeiten, die die beiden Herren auf der Bühne zweifellos haben, will das so ganz eben doch nicht gelingen. Das liegt zuvorderst daran, dass gänzlich auf historische Kostümierung verzichtet wurde und die Zuhörerschaft die Augen schon geschlossen halten müsste. Schade, das zumindest wäre eine Kleinigkeit gewesen. Dabei kann man in Markus von Hagens Rezitation vom „Tun und Lassen des Soldaten“ schon ganz mitgenommen werden, wie er die alte Sprache so scheinbar mühelos benutzt, wie er sich reinsteigert „vom rauben und beraubt werden, vom morden und gemordet werden“.

Ein paar Trinklieder zum Schluss und schon wird ein Auditorium entlassen, das freundlich Applaus spendet.

 

 

 

 

 

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