von toten Katzen und lebenden Menschen

Ein ganzer Einkaufswagen voller red-bull-Dosen, Katzenfutter, Streu und einer Kaffeemaschine ist da neben der Couch geparkt, auf der seltsam Untote sitzen. Ewas düstere und schräge Musik wie aus einer anderen Welt stellt die Ohren auf die Hörprobe. Die belgische Formation Abattoir Fermé hat gestern mit „Mythobarbital“ die Saison im Pumpenhaus eröffnet und gleich mal Zeichen gesetzt. Die Regie führt Stef Lernous.

Irgendwie scheint die Katze das einzig lebende Wesen zu sein, jedenfalls ist sie omnipräsent. Chiel van Berkel schüttet aus großer Höhe Trockenfutter in einen Napf und daneben. Es kommt nicht so genau drauf an, scheint es. Zielgenauer geht es aber auch nicht. Was will man von Untoten schon erwarten? Kirsten Pieters kommuniziert mit einem blinkenden Staubsauer und schüttet Katzenstreu um den Couchtisch. Umso unerwarteter entdeckt dann plötzlich Tine van Wyngaert das arme Katzentier, das wohl zwischen den Sofakissen erstickt ist. Es folgt die Beisetzung in einer auffaltbaren Pappschachtel, die artig auf einen Turm anderer Schachteln gestapelt wird. Da kann man sich ja ausmalen, wieviel Katzen bereits einen unnatürlichen Tod gestorben sind.

Die drei auf Sparflamme agierenden Personen schlittern aus ihrer bürgerlichen Couchexistenz unversehens in eine Welt aus Märchen und Mythen, woher auch der Name des Stückes rührt. Sedierend und hypnotisch wirken die Barbiturate, unter dessen Einfluss die Protagonisten Schneewittchen werden oder als Rapunzel Haar und Flüssigkeit herunterlassen. Immer mehr Hüllen fallen, schließlich sind die drei nackte Aggression und zertrümmern mit einer Axt den Boden. Da kann den Zuschauern in der ersten Reihe schon mal Angst und bange werden. Und als Tine van Wyngaert mit roten Trauben beschüttet und mit Theaterblut benetzt wird, wirkt es, als würden sich die anderen beiden an Tines Eingeweiden laben. Und selbst van Wyngaert lächelt wollüstig.

Ein tolles Bühnenbild, das zusätzliche Tiefe bereithält und eine kleine Überraschung. Das Stück kommt ohne Text aus und das wirkte auch deplatziert. Eine verrückte, wilde Geschichte, bei der man gar nicht alle Mythen aufdecken kann. Aber das soll auch gar nicht so sein. Raum für Interpretationen gibt es reichlich. Heute Abend heißt es nochmal: „Mythobarbital“

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