Es ist wirkt nicht zufällig wie eine Kommandozentrale in einem Raumschiff, die Bühne nach vorne gezogen, ein Hexagon, dafür Stuhlreihen auch an den Seiten, ein leuchtender Boden, und in der Mitte steht ein gedrechselter Mahagonitisch mit allerlei Reglern, Schaltern und Monitoren. Bühne frei für Caligula, ein Schauspiel von Albert Camus, das gestern Abend Premiere im Kleinen Haus feierte. Eine Inszenierung von Alexander Nerlich.
Gaius Caligula, römischer Kaiser, kommt mit dem Tod seiner Schwester, die zugleich seine Geliebte war, ein folgenschwerer Gedanke: „Die Menschen sterben und sie sind nicht glücklich“. Diese scheinbar so banale Erkenntnis lässt Caligula alles anzweifeln, was bis dato an Werten, Normen, Rechten gilt. Und nun ist er nicht irgendjemand sondern eben Kaiser. Er kann willkürlich Hungersnöte erzeugen, indem er die Kornkammern schließen lässt, er kann Menschen enterben und Kinder töten lassen. Die Regierungsmitglieder um ihn herum, Lepida, Mucius, Scipio, Cherea merken wohl, dass sich bei Caligula etwas verschoben hat, dass er im dunklen Totenhemd die Büste seiner verstorbenen Schwester anbetet, mit einem Wort: dass er zum Wahnsinn neigt. Doch lassen sie sich viel zu lange auf die „Philosophie des Absurden“ ein, lassen sich ins Lächerliche ziehen. Das geht so weit, dass der großartige Gerhard Mohr als Mucius in Jackett mit halterlosen Strümpfen und Damenschuhen erscheint. Seine Frau soll im Bordell arbeiten müssen, doch Mucius will es nicht wahrhaben. Einzig leidend sei Caligula, der fragt, was seine Regierungsmitglieder zu geben bereit seien, damit es ihm, Caligula, wieder besser gehe. Geiler, rücksichtsloser, enthemmter Sex vor aller Augen bringt es jedenfalls ebenso wenig wie sich heftig auspeitschen lassen. Und wie sie sich gegenseitig übertrumpfen, wer höhere Summen zu geben bereit sei. Doch das stimmt den Kaiser nicht milde und es lindert nicht seine Schmerzen. Schließlich ist es Mucius, der sein Leben zu opfern bereit ist und Caligula greift zum Dolch.
Eine Inszenierung, die den Zuschauer manchmal nahe an den Atemstillstand bringt, die aber auch komisch ist mit überzeugenden Schauspielern, vor allem mit einem tollen Joachim Foerster als Caligula, enthemmt, entrückt, schmerzverzerrt. Und tatsächlich hinterfragt man sich ein bisschen neu, was ist wichtig für mich, für eine Gesellschaft, für das Zusammenleben?