wir schaffen das

Die Bewegungen sind im Takt des Schlagzeugers, der den Beat vorgibt. Doch koordiniert wirkt das nicht und das soll es wohl auch nicht, ein bisschen Chaos ist eingepreist. Selbst auf der rückwärtigen Projektionsfläche erscheint mitunter – gesperrt geschrieben und fett gedruckt „Chaos“. Doch der Herzschlag des Drummers bringt die Tänzer in die Spur. Gestern und vorgestern präsentierten die ProArtiSt Youngsters die TanzPoeten  im Pumpenhaus, ein Abend als Antwort auf den möglichen Verlust gesellschaftlicher Werte.

Dass Tanz verbindet, genau wie Musik über Sprachbarrieren hinweg, ist nicht neu. Man ist einfach sprachlos angesichts von Kriegen, Flucht, Vertreibung, Fake News . Das geht uns allen ja so oder doch fast allen. Sprachlosigkeit braucht ein Ventil, und diese jungen Leute lösen den Knoten auf eine schöne, subtile Art. Natürlich ändert das nichts an den Sachverhalten, doch es fördert Gemeinschaft, eine Art emotionale Bindung. Die Tanzpoeten reichern die zum Teil höchstakrobatischen Sprungfiguren nicht nur durch Schlagzeuger Benjamin Kövener an, sondern Dennis Dellbrügge tritt als Rapper ins Rampenlicht, stellt sich vor als „Volk“ und gibt jedem die Hand. Die Tänzer erwidern den Händedruck mit einem „Volk“ und „wir schaffen das“. In bester „Poetry-slam-Manier“ ist im Intro und am Schluss Dean Ruddock als „Spoken-Word-Artist“ zu hören, der sozusagen sein eigenes Instrument spielt und mit den Tänzern im Vorfeld poetische Texte erarbeitet hat. Die Tänzer sind aber keineswegs allein auf die Bewegung beschränkt, erzählen auch auf englisch oder spanisch von dunkelhäutigen und weißen Jungen, vom „Nigger“, mit dem man nicht spielen solle. Immer wieder stehen Tänzer und auch eine Tänzerin im farbigen Lichtkegel, der mal grüne, mal blaue kreisrunde oder quadratische Flächen erhellt, während Videosequenzen an die Wand geworfen werden. Teile eines Gesichts, der Mund, der spricht, das Auge, das sieht, der Bart, der wackelt. Ein wenig desorientiert zu Beginn, auf der Suche nach Halt. Unsicherheit bleibt natürlich, die kann einem niemand nehmen, doch ein bisschen mehr Verbindlichkeit und die Erkenntnis: „ich bin nicht allein“ ist ein Gewinn. So lösen sich Streitereien im Tanz auf. Eine schöne Performance.

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