bye bye Manhattan – guten Tag Recklinghausen

Der U2, die ehemalige Probebühne in den Katakomben des Theaters Münster, ist ein besonderer Raum, Platz für vielleicht 50 Gäste, keine Bühne aber eine Spielfläche. Genau das Richtige für außergewöhnliche Konzerte, die einen familiären Rahmen brauchen. In der Reihe „Compania trifft …“ wird diesmal der US-amerikanische Komponist und Musiker Louis Thomas Hardin geehrt. Besser bekannt unter dem Namen „Moondog“ starb er 1999 in Münster.

Eine kleine Fraktion des Sinfonieorchesters Münster, alles Streicher*innen, begrüßt das Auditorium gestern Abend, das – so scheint`s – als gute Münsteraner natürlich weiß, wer Moondog war. Dabei ist allein die Geschichte von Thomas Louis Hardin so außergewöhnlich, dass die Musik beinah in den Hintergrund rutscht. Denn der Mann aus Kansas hat im Alter von 16 sein Augenlicht verloren, als er an einem Bahndamm mit einem angespülten Sprengkörper hantierte. Seine Eltern schickten ihn schließlich auf eine Blindenschule, wo er verschiedene Instrumente erlernte und vor allem autodidaktisch weiterstudierte, in Brailleschrift klassische Musik und Jazz komponierte. 1943 ging er nach New York. Bis in die frühen 70er Jahre war spielte meistens als dichtender und musizierender Clochard in Manhattan, vis-á-vis des Hilton-Hotels. Dabei kam er mit den Großen der Musik zusammen, spielte mit den New Yorker Philharmoniker, Igor Strawinski und Leonard Bernstein. Natürlich darf dann gestern der Klassiker „bye bye Manhattan“ nicht fehlen, wunderbar gesungen von Pascal Herington, der entspannt auf einem Barhocker sitzt und sich von Manhattan verabschiedet, um in die Fußgängerzone von Recklinghausen zu wechseln. Ausgerechnet Recklinghausen mag man denken, doch für Moondog war das schon ein Glück, denn dort lernte er Ilona Sommer kennen, die dafür sorgte, dass er aus der Wikingerkluft in ein bürgerliches Leben wechselte, die einen Verlag gründete und so die Unmengen an Kompositionen von der Blindenschrift übersetzte, archivierte und herausbrachte. Gestern Abend wechselte die Zusammensetzung immer wieder, zwischendurch gibt es auch ein Posauensolo zu „Bird`s Lament“, meistens aber sind es die Streicher, die diesem großartigen Musiker huldigen. Ein schöner Abend.

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