Sie heißen M. oder S., A., N. oder R. Sie gehen zur Schule oder arbeiten in volkseigenen Betrieben. Nachts feiern sie im Freibad. Sie sind die Jugend im letzten Jahr der DDR. Gestern Abend im Kleinen Haus war Premiere von 89/90 nach dem Roman von Peter Richter in einer Fassung von Julia Prechsl.
Was war das für ein Gefühl in der untergehenden DDR oder besser welche Gefühle kamen zusammen bei denen, die Orientierung suchten und keine fanden angesichts eines drohenden Systemwechsels? Freude und Unsicherheit? Neid oder Wut auf die, die schon über Ungarn geflüchtet waren? Die acht Schauspieler*innen machen das hervorragend, wie sie da zu viert oder fünft die Gesten von Frank Dettmann choreografieren, der das Baby spielt, eine Art Führer, wobei Führer natürlich die schlechteste Bezeichnung ist. Wie sie die Zeit erhellen mit den Jugendorganisationen und der Schwierigkeit des Schulbesuchs, weil die Eltern nicht in der Partei sind. Vor allem mussten sie sich Unmengen von Text draufschaffen, schließlich handelt es sich ja um die Bühnenadaption eines Romans. Da hätte man allerdings gut und gerne eine dreiviertel Stunde kürzen können. Das war dann zwischendurch doch etwas langatmig, auch wenn die Aktionen auf der Bühne vielfältig waren und so einer gewissen Ermüdung entgegen traten. Da wurden zum Tag der Arbeit die Fahnen gehisst, aus denen später Hammer, Zirkel und Ährenkranz herausgeschnitten werden sollten. Man feierte Christa Wolff, Stefan Heym und Dynamo Dresden. Nach Honeckers Rücktritt ist Egon Krenz Chef des Politbüros und Kohls Rede wird im Fernsehen gezeigt. Es gab Party mit Sekt auch für das Auditorium, als dann die Mauer fiel, und Polonaisen durch die Zuschauerreihen. Dass die Jugend am Ende im Luftschutzbunker zu lauten Beats feiert, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Lange geht es um Springerstiefel und Baseballschläger und die Protagonisten betreten nach und nach in gelber Bomberjacke die Bühne, rechts gegen links. Gewalt statt blühender Landschaften. Das scheint mir aber, zumindest in der Dimension, doch etwas übertrieben. Da dürften sich historische Ereignisse mit der Gegenwart und Angst vor der Zukunft mischen.
Insgesamt, finde ich, muss man das Stück nicht unbedingt gesehen haben, auch wenn wir uns im 30. Jubiläumsjahr des Mauerfalls befinden. Aber macht Euch einfach selbst ein Bild.