mit der Horror-Oper ins Wochenende

Anfangs sieht das Auditorium noch ein großes, dunkles Gebilde. Mysteriös in Form eines gigantischen halben Eis ist es die Silhouette des Hauses Usher. Das Orchester, etwas ausgedünnt, verstärkt die gespenstische Szenerie durch kurzes schnelles Saitenspiel und dumpfe Pauke. Es ist alles angerichtet für „Der Untergang des Hauses Usher“, eine Oper von Philipp Glass nach einem Roman von Edgar Allan Poe in einer Inszenierung von Sebastian Ritschel. Die musikalische Leitung obliegt Stefan Veselka. Gestern war Premiere im Großen Haus.

William (Filippo Betoschi) bekommt einen Brief von Roderick Usher (Youn-Seong Shim), der ihn einlädt in sein Haus, in dem außer ihm noch seine Zwillingsschwester Madeline lebt. Wobei „lebt“ kaum der richtige Ausdruck ist. Sie geistert herum, denn eigentlich ist sie bereits lange tot, als Mädchen wurde sie Opfer eines Brandes. William und Roderick haben ihre Jugend gemeinsam verbracht, und so kommt neben William auch die Erinnerung zurück ins Haus. Und plötzlich lässt sich auch die Ei-Form des Hauses erklären, denn das Haus wird gedreht und man erkennt das riesige, goldene Antlitz der toten Schwester, mal mit ausdruckslosen Augen, mal mit traurigen Pupillen, dann wieder als Totenschädel. Es ist diese unglaubliche Stimme von Marielle Murphy mit tollen Koloraturen, die der Schwester Leben einhaucht und deren Gewicht zusätzlich erhöht. Es geht eigentlich nur um Madeline. Dabei nimmt sie ohnehin schon so viel Platz ein. Filippo Betoschi und Youn-Seong Shim können einem fast ein bisschen leid tun, dabei singen sie so schön, leidend, ängstlich, irre. Das Orchester, von Veselka im Gruselmodus gehalten, sorgt beim Publikum für Nervenflattern, während im Haus der Ushers ein Raum mit Neonröhren erhellt wird. Darin ist die kleine Madeline an einen Stuhl fixiert, dessen Lehne zurückgestellt wird. Pascal Herington in der Rolle des Arztes zieht nicht nur eine Spritze auf, sondern trennt auch verbrannte Haut vom Körper. Doch da hilft auch alle ärztliche Kunst nicht mehr und Herington macht das, was er am besten kann: singen.

Eine tolle, mutige, kunstfertige Inszenierung. Nicht Händel, Mozart oder Bach sondern Glass mit einem Orchester, an das ganz andere Anforderungen gestellt werden. Klasse Gesangsstimmen, vor allem eine überragende Marielle Murphy, die die Rolle der nicht anwesenden, doch gleichzeitig omnipräsenten toten Schwester so raumgreifend ausfüllt. Eine fantastische Bühne und eine technische Meisterleistung, wie sich da das riesige Gesicht von Madelin verändert, hammerschlaggold- oder leopardenfarben beleuchtet, sich dreht und öffnet und den Raum einnimmt, den es braucht. Mein tiefer Respekt.

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