Es muss nicht immer Kultur sein. Manchmal sollte man sich auch rein physisch bewegen. Mit dem Rad zum Beispiel am Main entlang bis er bei Mainz in seinen großen Bruder, den Rhein, mündet. Auf meiner Frankentour habe ich diesmal auf mein Zelt verzichtet, stattdessen in Hotels oder Pensionen übernachtet – das hat durchaus etwas für sich. „Bamberg“, haben alle gesagt, „Du musst Dir unbedingt Bamberg ansehen“. Von Bayreuth aus geht es aber zunächst am roten Main entlang bis er sich bei Kulmbach mit dem weißen Main vereinigt. Viel Grün, reine Natur und außerhalb der Ferien kaum andere Radler, insbesondere keine Gruppen von E-Bikern, die im Pulk den Radweg blockieren. Der Duft von frisch gemähtem Gras, das auf den Wiesen trocknet, das Zirpen der Zikaden, die Rufe des Kuckucks und der stetig durch Zuflüsse wachsende Main – es klingt ein bisschen bemüht – aber ich fühle mich auf solchen Touren immer eins mit der Natur. Gut 100 Kilometer radle ich so täglich mit Hund vorne im Korb, dem ich aus einem verkantetem Regenschirm einen Sonnenschutz bastle. Noch voller Natureindrücke des Tages komme ich also spätnachmittags in Bamberg an, das wegen seiner sieben Hügel auch „fränkisches Rom“ genannt wird. Doch die Massen von Touristen an üppig gedeckten Tafeln schrecken mich ab. So war es auch auf meiner Donautour, als ich mir „unbedingt Wien ansehen musste“ oder auf der Elbetour mit Dresden. Ich hätte es also wissen müssen.
Weiter geht es über Hallstadt, Haßfurt, Volkach, Kitzingen bis nach Sommerach. Nach romantischen Ortskerne steht mir nicht der Sinn. Es sind Gerüche, die mich fesseln und die imposanten Weinberge, auch beängstigende Wolkenformationen. Jeder Radler kennt das – mich hat das Gewitter zwischendurch auch erwischt aber nicht entmutigt. Die Nacht in Sommerach verbringe ich in einer wunderschönen Pension mit geschmackvollem Mobiliar, einem Schoppen Wein zur Begrüßung und einem Frühstück, wie ich es auf zahlreichen Touren noch nie erlebt habe: frisch hergestellter Obstsalat, Rührei nach Wunsch, selbstgebackenes Brot. Schon sitze ich wieder auf dem Rad. Die Festung Marienberg ist natürlich das, was am bekanntesten ist in Würzburg. Brav machte ich ein paar Fotos. Was mich in Würzburg aber mehr interessiert, ist die Verehrung von Burkard. Denn der war – in dieser Schreibweise – der erste Bischof der Stadt. Es gibt eine Pfarrkirche St. Burkard und eine Burkardstraße. Ansonsten schenke ich Würzburg kaum Beachtung. Weiter geht es nach Gmünden, dem Tor zum Spessart, wo auch Sinn und fränkische Saale in den Main fließen. Hier überquert man den Main mit der Fähre. Das ist kostenlos. Ganz anders als im Osten der Republik, wo ich ständig die Elbe überqueren und für Rad, Hund und Herr einzeln zahlen musste. Nach insgesamt 415 Kilometern entscheide ich mich in Wertheim, den Zug nach Hause zu nehmen. Letztlich ist der Hund ziemlich angeschlagen und auch mein Sitzpolster schmerzt. Eine schöne Tour beende ich in mit Bewunderung für die Schönheit Deutschlands und Dankbarkeit dafür, dass ich das erleben darf.