Adolf Hitler ist enttäuscht von der AFD

Luftaufnahmen von einer Großstadt, Häuserblocks, Berlin Alexanderplatz. Am 30.August 2015 wacht ein wenig desorientiert Adolf Hitler in schnieker Uniform mitten in Deutschlands Hauptstadt auf, argwöhnisch betrachtet von ein paar Berliner Jungs. So beginnt Timur Vermes Roman „Er ist wieder da“ in einer Bühnenfassung von Kathrin Sievers im Borchert-Theater an Münsters Hafenbecken.

Seit Januar 2016 läuft das Stück schon, und auch gestern war die Vorstellung fast ausverkauft. Das ist auch kaum verwunderlich. Seit dem Erstarken der AFD, insbesondere jetzt so kurz nach der Bundestagswahl, erfährt das Thema zusätzliche Brisanz. Hinzu kommt ein hervorragendes Ensemble um den unglaublich authentisch wirkenden Thomas Karl Hagen als Adolf Hitler. Man kann sich gut vorstellen, dass Hagen nach der Vorstellung ebenso Mühe hat, das rollende r abzulegen wie den völkischen Gestus.

Die Geschichte ist an und für sich schnell erzählt: Natürlich glaubt niemand im heutigen Berlin, dass es  sich bei dem Uniformträger tatsächlich um den echten Adolf Hitler handelt. Stattdessen gelangt er schnell in Fernsehstudios und wird als Comedy-Figur für ein Multi-Media-Publikum verkauft. Klicks auf YouTube-Kanälen bescheren Hitler später sogar den Grimme-Preis. Aber was manchmal schon komisch ist, gerät dann eben doch an seine Grenzen, wenn es um Judenmord geht. „Juden sind nicht komisch“, sagt Hitler dann auch, was er freilich anders meint als seine „Fans“. Und dann besucht Hitler auch noch Björn Höcke in seinem thüringischen Parteibüro. Wer da jetzt wen kopiert, darüber lässt sich streiten. Hitler ist jedenfalls ganz erbost, weil sich die AFD als Hühnerhaufen erweist, der das „hart wie Krupp-Stahl“ so überhaupt nicht erfüllt. Schließlich breitet Hitler noch eine Deutschlandfahne über eine Sessellehne wie es einst Höcke im Fernsehen vormachte. Nach einem Fernsehinterview mit Renate Künast (großartig und zum verwechseln ähnlich: Monika Hess-Zanger) bieten sämtliche Parteien Hitler eine politische Heimat an, als letztes die SPD. Das lässt Hitler kommentieren: „Bis die Sozialdemokraten eine gute Idee haben, vergehen zwei Epidemien.“

Nach der Premiere habe ich das Stück das zweite mal gesehen. Ich  habe mich nicht einen Moment gelangweilt.

 

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