besser man liest Effi Briest

Keine leichte Aufgabe, die sich die Theaterleute um Regisseur Gregor Turecék da gestellt haben, einen literaturgeschichtlich so besonderen Roman wie „Effi Briest“ von Theodor Fontane auf die Bühne zu bringen. Und leider, fand ich, waren die Schuhe eine Nummer zu groß, gestern bei der Premiere im Kleinen Haus.

Man fühlt sich durch den Roman getrieben, sodass man das Gefühl alter Leute bekommt: „Wo sind die Jahre geblieben?“ All die Versuche, den Roman in die „Jetzt-Zeit“ zu holen, bleiben indes Stückwerk, etwa eine YouTuberin, die Baron von Innstetten interviewt. Der versucht das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau Ende des 19. Jahrhunderts darzulegen, rational der Mann, emotional die Frau. Das sorgt kurzzeitig für Lacher. Für Anni, Effis Tochter, gibt es dann zum Geburtstag einen großen Audi zum spielen. Warum Effi vorher lange Zeit mit einem nackten Schwangeren-Bauch präsentiert wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Das wirkt beinahe wie eine Persiflage. Das Zentrum der Bühne bildet ein riesiges Schaumbad, in das nacheinander oder miteinander verschiedene Leute – hautsächlich aber Effi Briest – gehen, während links im Bühnenhintergrund ein großes oranges O als Bett dient – warum auch immer. Oben flackert der dezente Hinweis „smile“, damit entweder Effi Briest oder aber das Auditorium weiß, was zu tun ist. Mit tun die Schauspieler ein bisschen leid. Einzig Eva Dorlass als Effi Briest hat die Möglichkeit zu zeigen was sie kann. Ihre Verwandlung vom naiven, partytauglichen Mädchen zur reifen Frau gelingt aber sehr überzeugend. Ein Lob auch an die Technik, die die Schauspieler mit der Kamera in die Garderobe verfolgt und den Film live auf eine große Zwischenmembran projiziert. Insgesamt jedoch eine enttäuschende Inszenierung. Die vielen Pfiffe und Bravo-Rufe dürften den Ensemble-Mitgliedern geschuldet sein, die gerade nicht auf der Bühne standen sondern im Publikum saßen.

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