das Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung

Es  ist ein Highlight der Saison und inzwischen Tradition, dass Cineplex und Theater Münster gemeinsame Sache machen. Unter der Leitung von Stefan Veselka vertonte heute Abend das Sinfonieorchester Charlie Chaplins Film „Modern Times“. Die Atmosphäre ist besonders und warm, wenn die Musiker zu ihren Instrumenten greifen und im schwachen Licht die Noten umblättern. Der Film ist mehr als 80 Jahre alt und  ein absoluter Klassiker.

Natürlich kann man  über Chaplins einzigartigen Witz auch lachen, wenn das Werk nicht vertont ist. Es gehören sogar einige Geräusche zum Film. Doch die Dramatik, die die Streicher erzeugen, die Melancholie, die Trauer, als Chaplin wieder und wieder im Polizeitransporter zur Wache gebracht wird, geht eben auch über das Gehör. Die Dramatik, als Chaplin sich auf einer Werft verdingen muss und auf der Suche nach einem Keil versehentlich den Stapellauf eines halbfertigen Schiffes auslöst, lässt sich eben durch Posaunen hervorragend akustisch darstellen. Irgendwann findet der Komiker in seiner Rolle als arbeitsloser, vagabundierender Landstreicher, der viel lieber im Gefängnis geblieben wäre, auf der Straße einen Wimpel, den ein überlanges Fahrzeug verloren hat. Er hebt ihn auf und winkt dem Fahrer noch nach. Unglücklicherweise biegt zur gleichen Zeit ein Demonstrationszug um die Ecke und steht urplötzlich hinter Chaplin, der als kommunistischer Rädelsführer mal wieder festgenommen wird. Das Orchester spielt ein paar Takte der Internationalen, nicht viel, aber doch so viel, dass man das  Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung sofort erkennt. Chaplin ist und bleibt ein Künstler,  dessen Witz einfach zeitlos ist, seine Art zu laufen und die Augen zu bewegen, diese ganzen Missgeschicke, die ihm in einer unglaublichen Selbstverständlichkeit widerfahren, die Posaunen, die Pauke, ein Xylophon – Instrumente verstärken den Eindruck. Da war niemand im Saal 3 des Cineplex, der nicht geschmunzelt oder gar lauthals gelacht hätte. Nur mit viel Fantasie kann man sich ein happy end malen, doch als Chaplin mit seiner Liebsten, eines ebenfalls polizeilich gesuchten Waisenmädchens über die Landstraße Hand in Hand in die Abendsonne geht, macht die Musik einen versöhnlichen Abschluss.

Ein schöner Abend, der immer wieder Lust auf mehr macht.

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