Bernhard ist an Krebs erkrankt, Endstadium, Rettung ausgeschlossen. Was in Deutschland verboten ist, darf in den Niederlanden praktiziert werden: aktive Sterbehilfe. Das „Theater – mitallensinnen“ führt noch heute Abend unter der Regie von Franz Bernhard Schrewe Wannie de Wijns „der gute Tod“ auf. Dafür ist man – auch um den familiären Charakter zu unterstreichen – im Pumpenhaus extra ins Foyer umgezogen. Nach der Premiere am Mittwoch, habe ich die gestrige Vorstellung besucht.
Bernhards Tochter und seine Lebensgefährtin sind zu Beginn der Inszenierung nur Staffage für die auffälligste Protagonistin: die Zeit. Sie wird hörbar durch das überdimensionierte Ticken der Uhr auf der Kommode, angeblich eine Herzens-Anschaffung von Bernhard. Warten ist das Motiv. Denn Bernhard hat sich entschieden, seinem Tod aktiv ein Ende zu setzen, am nächsten Morgen soll sein Freund und Arzt Robert die tödliche Injektion setzen.
Auch Bernhards beiden Brüder Michael und Ruben kommen, beide eher unerwartet. Ruben ist Autist, aus (falsch verstandener) Rücksichtnahme hätte er eigentlich in seiner Einrichtung bleiben sollen, fantastisch gespielt von Stefan Nászay. Kurze, ruckartige Sätze, immer auf Körperkontakt und auf der Flucht in sein Klavierspiel, das je nach Erregungszustand emotional oder dramatisch-zerstörerisch klingt.
Michael, den Bernhard liebevoll Mike nennt, ist gerade erst aus Peking zurückgekehrt. Ihn hat die Nachricht von des Bruders bevorstehendem Suizid völlig unvermittelt getroffen. Während alle anderen nun schon länger einfach nur warten, weil alles Sagbare gesagt ist, kann sich Mike so gar nicht mit der Vorstellung von Bernhards freiwilligem Ende abfinden. Er zweifelt die medizinische Notwendigkeit an und wähnt Bernhards Lebensgefährtin als Erbschleicherin. Geringschätzig nennt er sie Florence Nightingale. Und doch: irgendwann kippt das und auch Michael stellt sich dem Unvermeidbaren, schwitzt und sieht ganz zerzaust aus, sucht Nähe zu seinem Bruder und selbst zu Bernhards Lebensgefährtin, mit der einst selbst liiert war. Eine grandiose schauspielerische Leistung von Konrad Haller, wie er da in seiner Hilflosigkeit alles und jeden verantwortlich macht, launisch und laut wird.
Dass die Vorstellung im recht kleinen Foyer mit vielleicht 50 Zuschauerplätzen stattfindet, hat den Nachteil, dass es sehr eng und beklemmend ist, bei einer zweistündigen Spielzeit ohne Pause ist das für das Auditorium schon eine Herausforderung. Aber andererseits steigert das noch die Intensität der Inszenierung. Der Zuschauer spürt eine zusätzliche Anspannung. Insgesamt eine gelungene Inszenierung mit überzeugenden Schauspielern.