So witzig, charmant und ganz ohne Pathos wünscht man sich den Tod. Schließlich ist er – glaubt man den Protagonisten – nur eine Entscheidung. Gestern Abend war Premiere im Kleinen Haus von Svenja Viola Bungartens Debutstück „tot sind wir nicht“. Die junge Autorin, die gerade ihr Studium in Berlin abgeschlossen hat, hat es sich dann auch nicht nehmen lassen, selbst anzureisen. Die Regie führte Maik Priebe.
Eine Geschichte um Träume und verpasste Gelegenheiten, die schon haarsträubend beginnt. Da dealen nämlich zwei Damen im besten Alter mit Medikamenten, die Ute K. ihrem Gatten Willi entliehen hat. Auf dem heimischen Sofa wartet der schon seit zwei Jahren auf seine Erlösung. Nach Beates Auffassung merkt Willi aber sowieso nichts von den fehlenden Präparaten, auch wenn Ute K. einen Anflug von Gewissensbissen hat. Zum Glück muss sie sich nicht all zu lange mit solchen Gedanken beschäftigen. Denn die Quelle für`s dealen versiegt oder anders ausgedrückt: Willi stirbt. Nun wollten Beate und Ute K. eigentlich mit dem Medikamentenhandel ihre karge Rente aufbessern, um ihre Zukunft in Okinawa zu verbringen, schließlich gilt die Inselgruppe im südchinesischen Meer als Region mit der höchsten Lebenserwartung. Die Beisetzung von Willi würde ein riesiges Loch in die ohnehin nicht ganz gefüllte Reisekasse reißen. Also lassen die Damen den toten Willi erstmal im Wohnzimmer sitzen. Regine Andratschke als Beate und Carola von Seckendorff als Ute K. machen das ganz großartig, wie sie in Liebe und Zuneigung ihre Zukunft planen und verschwörerisch einen Plan aushecken. Man sieht sie förmlich am Hafenbecken sitzen, die Beine baumeln ins Wasser. Der Bestatter, der letztmögliche der Stadt, soll umgarnt und bezirzt werden, dann – so die Hoffnung – gibt es für einen schlappen Preis von 750 Euro eine Sozialbestattung.
Die Bühne erinnert nicht zufällig an einen Friedhof. In einem der ausgehobenen Löcher sitzt der tote Willi, freilich noch im Wohnzimmer. Und dann machen sich Ute K. und Beate auf den Weg zu „DEATH Death AND SONS BESTATTUNGEN“. Leider ist der Bestatter viel zu jung für einen Flirt um eine Sozialbestattung. Und auch wenn sich herausstellt, dass Jason Nagel (klasse auch dieser sprechende Name) nur Teilhaber ist und der zweite Inhaber, nämlich sein Onkel Piotr Nagel, durchaus Flirtinteresse hat, gibt es ein neues Problem: die Bestatter sind pleite. Klasse im Dialog sind Jonas Riemer als Jason Nagel und Wilhelm Schlotterer als dessen Onkel Piotr. Wie Piotr seinen Neffen erst instruieren muss, gerade zu stehen und ohne Zettel vorzutragen auf einem Bestatterkongress und wie Jason dann ganz eigene Ideen der Bestattung entwickelt. „Man stellt sich den Tod vor wie einen kalifornischen Schweinswal – irgendwie größer,“ sagt Jason noch zu dem Damen, um schließlich das Bestattungswesen zu revolutionieren.
Klasse auch die große (wörtlich und übertragend) Sandra Bezler als Franka, die zwischendurch die Erzählerin gibt und über die Metallstege schwebt, plötzlich unvermittelt auftaucht und auch nonverbal immer ein Hingucker ist. Franka will das Bestattungswesen – sehr zum Leid der Nägel – überflüssig machen, indem sie Menschen einfriert.
Eine kurzweilige Inszenierung eines tollen Stückes, komisch und nachdenklich machend, ein Plädoyer für Träume und Ziele – für das Leben.